Bauernregeln Kommt wieder die „Schafskälte“?

Bernd Heim
Wenn es im Juni noch einen Temperatursturz gibt, müssen die schon geschorenen Schafe frieren: Dann ist „Schafskälte“. Foto: /Bernd Heim

Zieht der Sommer jetzt durch oder kommt die sogenannte „Schafskälte“? Alte Wetterweisheiten und Bauernregeln für den Monat Juni geben vielleicht Hinweise.

 
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Nach dem insgesamt zu trockenen Mai und den sonnenreichen, warmen und schon recht frühsommerlich dahergekommenen Pfingsttagen fragen sich viele Menschen, wie nun das Wetter im Juni wird. Seinen Namen hat dieser Monat von den alten Römern bekommen, war als „Iunius“ im altrömischen Kalender der Göttin Juno gewidmet, der Beschützerin des Lichts und des Ehebündnisses. Unsere Altvorderen nannten den sechsten Jahresmonat „Brachet“ oder „Brachmond“, da in der Dreifelderwirtschaft des Mittelalters zu der Zeit die Bearbeitung der Brache begann. Auch als „Johannismond“, „Rosenmonat“ oder „Sommermonat“ wurde der Monat bezeichnet, ist doch am 1. Juni der meteorologische Sommerbeginn und am 21. Juni kalendarischer Sommeranfang.

Der Wunsch, das Wetter vorherzusagen, ist seit Generationen ungebrochen und die Methoden der Voraussage vielfältig. Noch ohne Nutzung moderner Technik entwickelte früher vor allem die bäuerliche Bevölkerung anhand ihrer über Jahrhunderte hinweg gemachten Beobachtungen des Wettergeschehens und der Natur dazu Merkregeln. Diese alten Wetterweisheiten und Witterungserfahrungen sind als so genannte „Bauernregeln“ bekannt. Landwirte und Gärtner wünschen sich seit Alters her das Wetter im Juni warm und feucht, denn nach den althergebrachten Witterungserfahrungen sei damit eine gute Ernte gewiss. Man sagte: „Auf den Juni kommt es an, ob die Ernte soll bestan“ beziehungsweise „Der Juni muß den Ausschlag geben für den künft’gen Erntesegen.“ Die alten Bauernregeln lauten: „Ist der Juni warm und naß, haben Bauer und Gärtner Spaß“, „Im Juni ein Gewitterschauer macht das Herz gar froh dem Bauer“, „Juni feucht und warm macht den Bauer nicht arm“, jedoch: „Brachmonat kalt und naß füllt nicht Scheuer, Küch’ und Faß“ sowie „Reif in der Juninacht dem Bauern Sorgen macht.“ Und wohl auch nicht von ungefähr sagt auch der Volksmund: „Menschen und Juniwind ändern sich oft recht geschwind.“

Bekanntlich ist in der ersten Junihälfte mit dem Wetterphänomen der „Schafskälte“ zu rechnen. Häufig gibt es zwischen dem 4. und 20. Juni einen merklichen Temperaturrückgang, wenn nämlich Tiefdruckgebiete über Nord- und Osteuropa gelegene kühle Luftmassen arktischen Ursprungs nach Mitteleuropa lenken. Dabei sind durchaus wenig sommerliche Tagestemperaturen von stellenweise nur 13 bis 19 Grad Celsius an der Tagesordnung und windiges sowie kühles Schauerwetter kann die Szenerie bestimmen. Diese Wetterlage hat ihren Namen daher bekommen, dass vor allem die frisch geschorenen Schafe ohne ihr dickes Wollkleid „bibbern“ – also frieren. Angesichts der derzeitigen sonnigen Hochdruckwetterlage hat es aber den Anschein, dass vielleicht infolge des aktuellen Klimawandels die Schafskälte diesmal ausfallen könnte.

Lostage

Besonders beliebt waren in früheren Jahrhunderten die Lostagsregeln, die sich auf be-stimmte Namenstage von katholischen Kirchenheiligen bezogen, an denen angeblich das „Los“, also das künftige Wetterschicksal bestimmt würde. So soll für den 8. Juni, den Tag des Heiligen Medardus, gelten: „Macht Medardus feucht und naß, regnet’s tagelang weiter ohne Unterlaß“. Die Bauernregel für den 13. Juni, den Sankt-Antonius-Tag, lautet: „Wenn an Sankt Anton gut Wetter lacht, St. Peter (29. Juni) viel in Wasser macht.“ Wenn es jedoch um Regen geht, sollte man die Wünsche zurückstellen: „Vor Johannis (24. Juni) bet’ um Regen, nachher kommt er ungelegen“. Abergläubische Zeitgenossen blicken am 27. Juni, dem so genannten „Siebenschläfertag“, ängstlich zum Himmel auf: Regnet es an diesem Tag, soll es angeblich sieben Wochen lang kein passables Sommerwetter geben, aber: „Scheint am Siebenschläfertag die Sonne, hat der Landmann seine Wonne.“

Hundertjähriger Kalender

Im Mittelalter beschäftigten sich nicht nur Bauern, Hirten und Schiffsleute mit dem Wetter, sondern auch Schriftgelehrte. Vor allem Mönche hielten ihre Beobachtungen zu Regen, Wind und Wolken auf Papier fest. Schenkt man zum Beispiel dem so genannten „Hundertjährigen Kalender“ des Abtes Mauritius Knauer (1613 - 1664) vom damaligen Kloster Langheim bei Lichtenfels Glauben, soll am 1. Juni kühle Witterung herrschen, es vom 2. bis 7. Juni unbeständig, regnerisch und windig sein und danach bis zum Monatsende durchweg schönes und warmes Wetter mit gelegentlichen Gewittern geben.

Schauen wir einmal, welche Trefferquote die alten Wetterprognosen Mal haben werden – und das nicht zuletzt auch angesichts der sich im Lauf der letzten Jahrzehnte durch die menschengemachte Erderwärmung vollziehende Klimaveränderung mit ihren Wetterkapriolen und -extremen. Lassen wir uns also einfach vom diesjährigen Juniwetter überraschen, am Monatsende werden wir schlauer sein. Nichts über Schafskälte, Siebenschläfertag oder alte Bauernregeln schrieb der humoristische Dichter Wilhelm Busch (1832 - 1908) in seinem Jahreszeiten-Gedicht:

„Mir gefällt am besten

das, was der Sommer bringt,

wenn auf belaubten Ästen

die Schar der Vöglein singt.

Wenn Rosen, zahm und wilde,

in vollster Blüte stehn,

wenn über Lustgebilde

Zephire kosend wehn.

Und wollt’ mich Einer fragen,

wann’s mir im Sommer dann

besonders tät behagen,

den Juni gäb ich an.“ (Auszug)

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