Der Einstieg der Unicredit alarmiert die Arbeitnehmervertreter. Verdi-Gewerkschaftssekretär und Commerzbank-Aufsichtsrat Stefan Wittmann sagte dem "Handelsblatt", man werde sich mit "mit allen Mitteln" gegen eine mögliche Übernahme wehren. Er verwies auf die Übernahme der Münchener Hypo-Vereinsbank 2005 durch die Unicredit. Dort seien Tausende Arbeitsplätze gestrichen und viele Kompetenzen nach Mailand gegangen.
Von der Bundesregierung verlangte Wittmann Hilfe. "Der Bund muss jetzt klare Kante zeigen und seine verbliebene Beteiligung von zwölf Prozent nutzen, um eine schädliche Übernahme der Commerzbank zu verhindern." Verdi-Chef Frank Werneke forderte: "Der Bund darf keine weiteren Anteile an der Commerzbank abgeben."
Das Bundesfinanzministerium gab sich zunächst zurückhaltend. Der Bund werde die "neue Situation erst einmal grundsätzlich analysieren", sagte eine Sprecherin. Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Schrodi, betonte gegenüber dem "Handelsblatt", die Ampelkoalition werde bei möglichen weiteren Aktien-Veräußerungen Rücksicht auf die Interessen der Beschäftigten nehmen.
Unicredit überbietet andere Angebote
Unicredit erwarb rund die Hälfte des 9-prozentigen Pakets vom Bund. Der Staat verkaufte im Rahmen seines jüngst angekündigten Ausstiegs aus der Commerzbank knapp 4,5 Prozent im Paket an die Italiener. Die waren bereit, mehr zu zahlen, als die Papiere am Dienstagabend an der Börse wert waren, erklärte die Finanzagentur des Bundes. Alle vom Bund offerierten Aktien seien "infolge einer deutlichen Überbietung aller übrigen Angebote" an die Unicredit zugeteilt worden.
Der Bund nahm durch den Verkauf der gut 53 Millionen Aktien etwas mehr als 700 Millionen Euro ein. Der Anteil des deutschen Staats sinkt damit auf 12 Prozent, trotzdem bleibt er vorerst der größte Anteilseigner der seit der Finanzkrise teilverstaatlichten Commerzbank.
Italiener stark im deutschen Privatkundengeschäft engagiert
Mit einem Anteil von neun Prozent ist die Unicredit nun der zweitgrößte Aktionär. Die Unicredit hatte schon vor knapp 20 Jahren im deutschen Bankenmarkt zugeschlagen. 2005 kaufte sie die deutsche Hypovereinsbank für rund 15 Milliarden Euro und ist seitdem stark im deutschen Privatkundenmarkt vertreten.
Die Unicredit und die Commerzbank gehörten in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und in der EU-Schuldenkrise zu den größten Verlierern am Aktienmarkt. Inzwischen hat sich die Lage für beide Banken unter anderem wegen der gestiegenen Zinsen stark verbessert.
Die Unicredit ist an der Börse fast 60 Milliarden Euro wert und könnte sich eine Übernahme der Commerzbank leisten. Der Börsenwert der Frankfurter liegt mit rund 15 Milliarden Euro lediglich bei rund einem Viertel davon. Schon in den vergangenen Jahren gab es Spekulationen über eine Übernahme durch die Italiener.
Commerzbank auf der Suche nach neuem Chef
Noch dazu muss sich die Commerzbank mit der Nachfolge von Konzernchef Knof befassen, der überraschend Ende 2025 aufhören wird. Der Manager, der private Gründe für den Schritt andeutete, führt die Bank seit 2021 und hatte den Sparkurs des Geldhauses verschärft: Tausende Stellen fielen weg, das Filialnetz schrumpfte deutlich. Mit dem Umbau und dank gestiegener Zinsen schaffte die Commerzbank die Trendwende.
Als aussichtsreichste Kandidatin für die Nachfolge gilt die Commerzbank-Finanzchefin und Vize-Vorstandsvorsitzende Bettina Orlopp (54). Ihr werden schon länger Ambitionen auf den Chefposten nachgesagt. Die Frage, wer die Frankfurter Bank künftig führt, hatte zuletzt Unruhe bei dem Institut erzeugt. Die Rede war auch von einem Machtkampf.