Bad Salzungen Musikalische Barock-Reise von Tiefenort bis Steinbach

Ein Jahr Vorarbeit soll nicht umsonst sein: Trotz der Corona-Einschränkungen will man das kulturelle Konzept "Straße der Barockmusik" in diesem Jahr umsetzen.

 
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Bad Salzungen - Es ist in vielerlei Hinsicht etwas ganz Neues, was Kathleen Hess, in der Bad Salzunger Stadtverwaltung verantwortlich für Kultur, im Sozialausschuss des Bad Salzunger Stadtrates präsentierte: "BBB - Straße der Barockmusik". Neu, weil sich die Veranstaltungsreihe über mehrere Gemeinden erstreckt. Neu, weil man sich der regionalen Musikgeschichte besinnt. Neu, weil man Musik, Vorträge und Ausstellungen professioneller und lokaler Akteure verbindet. Die Idee, etwas ortsübergreifend zu entwickeln, entstand im Frühjahr 2019 nach einem Vortrag über den Salzunger Barockkomponisten Johann Theodor Roemhildt. Gemeinsam mit dem Bad Liebensteiner Comödienhaus-Intendanten Dr. Christian Storch, der zur Barocktradition seines Ortes forscht, machte sich Kathleen Hess ans Werk. Für die inhaltliche Ausrichtung des Konzepts hat man sich auf die Epoche der Barockmusik geeinigt. Von Tiefenort über Bad Salzungen, Barchfeld bis nach Steinbach ziehen sich die Veranstaltungsorte.

Geplante Veranstaltungen

"Straße der Barockmusik" ist der Titel eines musikalischen Gemeinschaftsprojektes, welches die Orte Bad Salzungen, Tiefenort, Barchfeld-Immelborn und Bad Liebenstein und Steinbach künstlerisch miteinander verbindet.

September: Peterskirche Tiefenort - Konzert mit der "Hamburger Ratsmusik"; Lesung "Sohn des Hofkapellmeisters" und musikalische Umrahmung mit "Viva la Musica"; Wandelkonzert in Bad Salzungen an drei Standorten: "Refuge", Kirche und Musikschule; Barchfelder Schlösser - Ausstellungseröffnung, musikalische Umrahmung durch das Ensemble "Alte Musik";

Oktober: evangelische Stadtkirche Bad Salzungen - Konzert des Goldberg Baroque Ensembles Danzig; Konzert des Motettenchores Bad Salzungen: Barchfelder Schlösser - Konzert für Sopran & Cello und Vortrag Dr. Christian Storch

November: Barockkirche Steinbach - Konzert der Capella Jenensis und Vortrag Dr. Christian Storch

Gut ein Jahr hat man an dem Konzept gearbeitet, das sich einreiht in das Thüringer Themenjahr "Musikland Thüringen". "Musik hat in Bad Salzungen eine wesentliche Rolle gespielt", berichtet Kathleen Hess. Doch die Musikgeschichte liege noch sehr im Verborgenen. "Ein echter Schatz, der aus meiner Sicht unbedingt gehoben werden muss." Zu nennen ist da der Salzunger Männerchor mit seinem berühmten Chorleiter Bernhard Müller (1824-1883), der durch ganz Deutschland tourte und sogar vor dem russischen Zaren sang. Zur Musikgeschichte gehört aber auch Kirchenmusikdirektor Christian Mühlfeld (1848-1932), der Musiker der Meininger Hofkapelle war. Ebenso sein berühmter Bruder Richard Mühlfeld (1856-1907), der sich mit Auftritten in Bayreuth, Wien, Berlin und London einen Namen als Klarinettist machte. Seinetwegen soll Brahms auf den Altenstein gekommen sein und für ihn Stücke komponiert haben. Ein historischer Schatz ist auch die im Original erhaltene Sauer-Orgel aus dem Jahr 1909. "Wir haben ganz viel Musikgeschichte in der Stadt, aber kaum einer weiß davon." In Tiefenort gibt es den berühmten Violinisten, Komponisten und Kapellmeister Johann Melchior Molter, der in Eisenach und Karlsruhe wirkte. Für Klarinettisten ist Molter von Bedeutung, da seine Klarinettenkonzerte zu den frühesten der Gattung gehören. Das Ensemble "Hamburger Ratsmusik" lässt einige seiner Werke in der Tiefenorter Kirche erklingen.

Thema Barockmusik

Johann Theodor Roemhildt, in Salzungen geboren, gilt als Revolutionär in der Barockzeit, der den Übergang in die nächste Epoche (Klassik) mit bereitete. Aus seiner Zeit als Chordirektor in Spremberg und Hofkapellmeister am Merseburger Hof sind etwa 200 Kantaten, vier Messen, eine Motette und Instrumentalwerke überliefert. Seine Kompositionen waren zu Lebzeiten und kurz danach wahrscheinlich verbreiteter als die des zeitlich und räumlich nahen Johann Sebastian Bachs. "Ein Sohn dieser Stadt, dessen Werk wir hier noch gar nicht kennen", machte Kathleen Hess aufmerksam. Mehr als hundert seiner Kantaten wurden beispielsweise noch bis in die 1790er-Jahre in Danzig aufgeführt. Das professionelle Ensemble Goldberg Baroque aus Danzig wird einige davon in der Bad Salzunger Stadtkirche präsentieren.

Schließlich holte man sich noch die Gemeinde Barchfeld ins Boot. "Ein Ort, der ebenfalls eine interessante barocke Historie besitzt." Es gibt Werke aus dem Notenarchiv der Adelsfamilie von Hessen-Philippsthal-Barchfeld als Beispiel aristokratischer Musikkultur an Kleinsthöfen des mittleren 18. Jahrhunderts. Landgraf Adolf und seine Frau Wilhelmine Luise musizierten mit Familienmitgliedern und legten so den Grundstock für eine heute mehr als 450 Werke umfassende Notensammlung. Originalwerke sollen zur Aufführung kommen.

Der Bad Liebensteiner Ortsteil Steinbach steht sinnbildlich für ein barockes Bergdorf, weithin sichtbar die Barockkirche. Johann Jacob Bach wirkte hier als Kantor. Sein Sohn Johann Ludwig, der spätere Meininger Hofkapellmeister, erhielt hier seinen ersten Instrumentalunterricht. Die umfangreiche Notensammlung des Steinbacher Pfarrarchivs beinhaltet zahlreiche Trauermotten des mittleren 18. Jahrhunderts, größtenteils von Kantoren und Komponisten aus der Region. Sie bilden ein Paradebeispiel der barocken Trauerkultur. Auf einigen Notenumschlägen sind sogar die Namen der Verstorbenen notiert, zu deren Begräbnis die Werke gespielt wurden.

Umgesetzt werden soll das Konzept - eine Mischung von Auftritten professioneller Künstler und lokaler Akteure - mit etlichen Partnern: Ensembles, Kirchen, Chören, kulturinteressierten Bürgern und Vertretern der Kommunen. Die Bad Salzunger Musikschule beteiligt sich ebenfalls an dem Projekt. Ein Ensemble "Alte Musik" wurde ins Leben gerufen. Passende Instrumente wie Sopran-, Alt- und Tenorblockflöten in alter Stimmung sind gekauft, die Proben laufen und machen den Schülern viel Spaß.

Im Februar hatte man alles unter Dach und Fach, einschließlich der Fördermittel und Zuschüsse. Ein mühsamer Weg. "Und dann kam Corona. Das war sehr deprimierend. Wir können die Veranstaltungen nicht wie geplant im Juni anbieten", erklärt Kathleen Hess. Jetzt orientiert man sich auf den Herbst. "Wir müssen sehen, wie sich die Situation entwickelt." Es soll auf keinen Fall einfach alles in der Schublade verschwinden.

Kathleen Hess kann sich gut vorstellen, dass das Konzept fortgesetzt wird. "Es könnte ein Blaupause für weitere Veranstaltungen sein." Als Idee nennt sie die "Straße der Romantik".

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