„Im Gegensatz zu anderen Epochen – vorher wie nachher – begeistert mich am Barock die Fülle, Pracht und Üppigkeit auf allen Ebenen“, fährt Klaus Mertens fort. „In der Musik – hier exemplarisch und im besten Sinne nicht nur in den vokalen Werken Bachs zur Übereinstimmung gebracht – kommen für mich der Gottesbezug, die tiefe Gläubigkeit hinzu. Etwas, was heute weitgehend abhanden gekommen ist und beim Erleben Bachscher Musik wieder durchschimmert.“
Und was ist das persönliche Highlight für Jörg Reddin? „Singer Pur werden sicher fantastisch“, verrät der Kirchenmusiker, „aber besonders spannend finde ich Dorothee Mields und Christine Schornsheim. Für dieses Konzert bringen wir einen historischen Flügel aus dem 18. Jahrhundert in die Liebfrauenkirche“.
Und dann hat Reddin noch einen besonderen Tipp für alle Festivalbesucher: „Die neue Bach-Ausstellung im Schlossmuseum wurde kurz vor dem ersten Lockdown eröffnet und ist durch Corona bisher leider ein bisschen untergegangen. Wer sie noch nicht kennt, sollte sie auf jeden Fall einmal besuchen.“
Zu Gast in Leipzig
Bevor es los geht mit dem Arnstädter Bach-Festival stand aber erst einmal ein Besuch beim Leipziger Bachfest an. „Der Komponist Johann Sebastian Bach verbrachte die Hälfte seines Lebens in Thüringen, bevor es ihn nach Köthen und Leipzig zog. In diesen Tagen erinnert Leipzig mit dem Bachfest an den großen Thomaskantor. Arnstadt feiert sein Bach-Festival. Bei so vielen Gemeinsamkeiten bleiben gegenseitige Familienbesuche in den Bachorten nicht aus“, erklärt Alexandra Lehmann.
Am 13. Juni durfte der Arnstädter Bachchor, dessen Chorleiter Jörg Reddin ist, vor ausverkauftem Haus im Leipziger Paulinum singen. Einen Tag später begab sich das Bachfest Leipzig zu einer Konzertfahrt nach Arnstadt, um auf den Spuren der Familie Bach zu wandeln. Die beiden gegenseitigen Konzerte sind aber nicht der einzige Austausch zwischen den Bachstädten.
Alexandra Lehmann warb in Leipzig für die Arnstädter Konzertreihe. Gelegenheit dazu bot die Präsentation der Himmelsburg durch die Thüringer Tourismus GmbH. Die Himmelsburg, für die Bach seine wunderbaren Weimarer Kantaten schrieb, ging 1774 durch einen Brand verloren. In einem ambitionierten Projekt wurde sie zumindest virtuell wieder errichtet. Mit VR-Brille und Kopfhörer können Bach-Freunde eine Zeitreise in die Bach-Zeit unternehmen und mit der Kantate „Himmelskönig, sei willkommen“ die besondere Akustik der einstigen Weimarer Schlosskapelle erleben.