AWG Meiningen Aus dem Vorstand in den Ruhestand

Antje Kanzler
Detlef Rommel schaut seinem Nachfolger René Menschner über die Schulter. Der langjährige AWG-Vorstand beginnt morgen seinen Ruhestand. Foto: Antje Kanzler

Wer heute die AWG-Geschäftsstelle anruft, um den Chef zu sprechen, hat vielleicht noch Detlef Rommel am anderen Ende der Leitung. Am Mittwoch meldet sich dann bereits sein Nachfolger René Menschner. Der langjährige AWG-Vorstand geht nämlich in Rente.

 
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Meiningen - Es wird sich seltsam für Detlef Rommel anfühlen, wenn er am Dienstag letzte Übergabeformalitäten erledigt und ihn seine Mitstreiter mit guten Wünschen und Geschenken in den Ruhestand verabschieden. Nach so vielen Jahren – es sind mittlerweile 31 – seinen Arbeitsplatz hinter sich zu lassen, das realisiert man erst viel später. Doch Detlef Rommel meint: „Eine solche Entscheidung ist am besten, wenn man sie selbst trifft.“ Außerdem weiß er, dass er sein berufliches Lebenswerk in gute Hände gibt.

„Er hat den Zeitpunkt gut getroffen, einen völlig neuen Lebensabschnitt zu beginnen“, findet AWG-Aufsichtsratsvorsitzender Reinhard Kupietz, der aus einer Wertschätzung für den langjährigen Vorstand kein Geheimnis macht. „Wir haben aber jemanden als Nachfolger gewinnen können, der gut reinpasst und voller Elan ist. René Menschner ist jetzt bereits eine ganze Weile bei uns. Beide haben somit die Zeit für eine Amtsübergabe nutzen können, denn es dauert schon eine Weile, bis man alles kennt. Alle Immobilien, Ansprechpartner, mögliche Konfliktpunkte ... Wir sind im Aufsichtsrat sehr froh, dass sich der Übergang so harmonisch abgespielt hat“, sagt der frühere Meininger Bürgermeister. Zudem stehe Finanzvorstand Ina Bieber mit ihrem langjährigen Wissen weiter begleitend zur Seite.

Die längste Zeit seines Berufslebens hat Detlef Rommel bei der Allgemeinen Wohnungsgenossenschaft zugebracht, wo er gleich nach der Wende einstieg. Seine Lebensschule war zeitweilig hart gewesen: Der gebürtige Meininger wurde schon mit 15 Vollwaise. Auch sein Berufsweg verlief nicht immer so schnurgerade wie in den letzten Jahren. Im Straßen- und Tiefbaukombinat hatte er Baufacharbeiter gelernt und sich zum Hochbaumeister qualifiziert. Zwischendurch leistete er seinen Armeedienst, startete in der Materialwirtschaft, absolvierte ein Ingenieurökonom-Fernstudium und arbeitete schließlich beim Innenprojekt in Meiningen. Bis am 2. April 1990 sein spannender Lebensabschnitt als Leiter der Wohnungswirtschaft in der AWG begann und er am 1. Juli 1991 als Vorstandsmitglied für Wohnungswirtschaft berufen wurde. Im Laufe der Jahre wurde daraus Wohnungswirtschaft und Technik. Auch studierte er in den 90er Jahren noch mal Betriebswirtschaft. Gerade das erste Nachwende-Jahrzehnt war eine herausfordernde Zeit. „Die ganze Wohnungswirtschaft hat sich geändert. Die Wohnungen wurden nach und nach den Mieterwünschen entsprechend modernisiert, um einen gewissen Standard zu haben. Wir arbeiteten mit Stammfirmen, die verlässliche Partner wurden. Es hat mir immer Spaß gemacht. Bis auf die Auswirkungen des Altschuldenhilfevertrags. Da saßen wir dann vorm Landgericht“, schaut er zurück.

Überhaupt gab es immer wieder mal Gerichtsverhandlungen, die aber meist gewonnen wurden. Oft ging es um Mietschulden, auch wenn sich das Problem dank des AWG-Schuldenmanagements im Rahmen hält. „Unser Forderungsmanagement ist sehr hinterher, aber auch human. Wir versuchen ja zu helfen, aber viele warten, bis es zu spät ist“, bedauert er. „Ich hatte in all dieser Zeit auch fünf Strafanzeigen von Mietern. Da waren heftige Sachen dabei. Man entwickelt dadurch ein dickes Fell“, sagt er und fügt hinzu: „Die 31 Jahre waren überwiegend eine schöne Zeit.“ Heute beobachtet er zunehmende Unsachlichkeit im zwischenmenschlichen Umgang. „Springt man darauf an, hat man verloren“, ist er überzeugt.

In seinen Erinnerungen findet sich viel Schönes. Dazu zählt die Zeit Ende der 90er Jahre, als er sich um die technische Sanierungsbegleitung für 96 Wohnungen in der Heimstraße, der Heinestraße und im Bodenweg kümmerte. „Wir haben dort die Badsanierung durchgezogen – ganz ohne Architekten. Das hat Spaß gemacht und war ganz schön sportlich, weil es sich um Altbauten handelt und keine Wohnung der anderen gleicht.“ Auch lustige Episoden fallen ihm dazu ein: „Ich wurde mal zum Baden eingeladen, weil die Badewanne angeblich zu klein war. Und ich wurde auch schon bei einer Wohnungsbesichtigung von einer Dame im Negligé empfangen. Zum Glück waren wir bei solchen Terminen immer zu dritt“, lacht er.

Noch an einem anderen Projekt hat er bis heute viel Freude: An der geförderten Innenhofgestaltung Am Kiliansberg. „Der Innenhof ist so schön geworden – so etwas findet man nicht überall in Plattenbaugebieten.“

Und dann ist es natürlich sein gutes Team, an das er sich auch im Ruhestand sicher gern erinnern wird. „Es dauerte eine Weile, bis wir uns so zusammengefunden haben. Dann hat es wunderbar funktioniert. Das war ein blindes Verstehen.“ Zu diesem Team gehören neben den beiden Vorständen noch fünf Mitarbeiter in der Verwaltung und in einer Unternehmenstochter die fünf Hausmeister. „Wichtig ist in so einer kleinen Truppe, dass jeder über alle wichtigen Dinge informiert ist“, weiß Detlef Rommel. Auch wenn er sich darüber ab morgen keine Gedanken mehr machen muss. Und wie vertreibt er sich stattdessen den Ruhestand? Den Juli hat er mit Familienfeiern schon weitgehend verplant. Außerdem ist der Sommer Gartenzeit und in Garten und Haus warten mehrere Baustellen. Auch sein Hund wird sich freuen, Herrchen nun ständig um sich zu haben. Und Skifahren auf einem Gletscher – das ist auch noch so ein Traum des 65-Jährigen Neu-Rentners.

Um die künftigen Baustellen im Unternehmen und vieles andere mehr kümmert sich ab 1. Juli René Menschner, der übrigens selbst in einer AWG-Wohnung aufwuchs. „Ich wusste, dass es bei der AWG zu einem personellen Wechsel kommen könnte, hab einfach nachgefragt und mich nach dem Bewerbungsverfahren erkundigt“, erzählt er. Unter 15 Bewerbern war er die erste Wahl. „Das ist gar keine Frage gewesen. Er hat am besten gepasst. Zum einen aus Altersgründen, denn wir wollten einen Generationswechsel. Zum anderen die Qualifikation und das Standing – glaubwürdig und gut vorbereitet zu sein“, begründet Reinhard Kupietz. „Die Aufgaben sind so vielfältig. Aber man muss sie alle unter einen Hut bringen“, weiß Detlef Rommel.

Der neue Vorstand ist froh, dass er nicht nur das Vertrauen, sondern auch sechs Monate Zeit bekam, die Geschäftsprozesse und komplexen Zusammenhänge kennenzulernen, die wichtigsten Geschäftspartner, die Immobilien, die Wegerechte und noch so vieles mehr. „Wenn man so lange hier gearbeitet hat, es auch viele Erfahrungen, die nicht im Computer stehen“, fügt sein Vorgänger hinzu.

René Menschner hat eine Bankkaufmann-Lehre mit Zusatzqualifikation Finanzassistenz absolviert. Als Financial Consultant optimierte er die Vermögens- und Steuersituation der Bankkunden. Sein weiterer Weg wies Richtung erste Führungsebene. In seiner Bank war er Digitalcoach, Vermögensmanager, Vertriebsleiter und Filialleiter. Trotzdem wünschte er sich Veränderung. Schon seit seiner Jugend waren Immobilien seine Leidenschaft gewesen – neben seiner erfolgreichen Handball-Karriere in Meiningen und im Werratal. Er zählte sogar zum erweiterten DHB-Kader. In den letzten Jahren pendelte er, entschied sich aber, wieder in der Heimat Fuß zu fassen. „Ich fühle mich der Region stark verbunden“, betont er. Mittlerweile hat er noch eine Qualifizierung als Techniker für Gebäudeautomation absolviert – vorbereitend für seine neue Aufgabe. „Sie gibt mir die Möglichkeit, hier in meiner Heimat was zu bewegen, beim Grundbedürfnis Wohnen.“ Gemeinsam mit Vorstandskollegen Ina Bieber will er die Geschäfte „genauso gut fortführen“ wie sein Vorgänger. Ina Bieber hat in dieser Hinsicht „null Bedenken“.

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