Auswanderer aus Föritz Antwort auf einen elf Jahre alten Brief

Szene im Auswanderermuseum Bremerhaven: Passagiere warten auf das Schiff ins Gelobte Land. Foto: picture-alliance/ dpa/Michael Bahlo

Ein Jahrzehnt nach seiner Anfrage an die Gemeinde erhielt ein Mann aus Neustadt an der Aisch Post aus Föritz. Er hatte nach den Heublein-Nachfahren der Eltern eines Amerika-Auswanderers gesucht.

 
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Föritztal - Rolf Syrigos aus Neustadt an der Aisch traute seinen Augen nicht, als er dieser Tage in seinem E-Mail Posteingang eine Nachricht aus Föritz fand. Vor elf Jahren hatte er sich im Auftrag seiner amerikanischen Tante Linda Heublein an die Gemeindeverwaltung Föritz gewandt. Er suchte nach den Nachkommen jener Familie Heublein, aus der Henry Heublein vor etwa 170 Jahren nach Amerika ausgewandert ist. Die Tante, die selbst aus Neustadt an der Aisch stammt, hat einen Nachkommen dieses Henry Heublein geheiratet und möchte ihren Söhnen und Enkeln hinterlassen, wo die Wurzeln ihres Vaters liegen. Linda Heublein bat ihren deutschen Neffen um Hilfe. Der schrieb an die Verwaltung, erhielt aus Föritz aber leider keine Antwort.

Suche lief ins Leere

Zu jeder Zeit war die Suche auch schwierig. „Ich erinnere mich vage an den Brief. Aber ich hatte keine Ahnung, wo ich da suchen soll, so lange reichen unsere Akten ja gar nicht zurück“, erinnert sich der Föritzer Bürgermeister a.D. Roland Rosenbauer an die Sache. Er fragte schließlich die Seniorenschaft im Raum Föritz, so auch den Ehrenvorsitzenden des Föritzer Gartenbauvereins Helmut Liebermann. Der hatte zwar anlässlich einer Vereinschronik viele Informationen über die alte Zeit und die Gründerväter seines Vereins gesammelt, doch so weit zurück konnte er sich natürlich auch nicht erinnern. So verlief die Sache im Sande.

Brief taucht wieder auf

Bis der Brief in den Januartagen 2021 aus einer Schublade des 2019 verstorbenen Liebermanns wieder auftauchte. Seine Tochter war neugierig und schrieb einfach nach Mittelfranken, ob diese Suche denn noch aktuell sei. Und siehe da: Sowohl gab es Herrn Syrigos noch als auch seine Tante Gerlinde in Chicago, die inzwischen 92 Jahre alt ist. Und sie wollte immer noch wissen, wie es um die Heubleins steht.

Bessere Chancen

Dafür haben sich die Chancen deutlich verbessert. Inzwischen ist die Suche nach Vorfahren und Nachfahren einfacher geworden. Stammbaumportale haben Konjunktur. My Heritage (Mein Erbe) zum Beispiel verzeichnet 50 Millionen Nutzer mit 52 Millionen Stammbäumen. Auch im Raum Sonneberg haben sich Freunde der Familienforschung hier angemeldet und mit viel Herzblut ihre Vorfahrenlinien eingetragen. Während die einen nur ihre direkten Vorfahren eintrugen, verzeichneten die anderen auch deren Geschwister. Und so konnte Henry Heublein gefunden und die Linie seiner Familie verfolgt werden.

Nach Minnesota

Natürlich hieß der Mann nicht Henry, sondern Johann Heinrich Heublein. Er ist im Mai 1820 in Föritz geboren worden. Wann er auswanderte, ist nicht bekannt. In Amerika wandelte er seinen Namen ab, wie das viele Einwanderer taten: Aus Heinrich wurde Henry. Heublein ließ sich in Winona im US Bundesstaat Minnesota nieder. Die 1851 gegründeten Siedlung hieß zunächst Montezuma und wurde Mitte des 20. Jahrhunderts in Winona umbenannt. We-No-Nah bezeichnet in der Sprache der dort lebenden Dakota die zuerst geborene Tochter. Der Ort wuchs vor 150 Jahren durch die Eisenbahn rasch zu einer Stadt an.

Familie gefunden

Johann Heinrich hatte sieben Geschwister. Eine Schwester, verheiratete Suffa, folgt ihm. Die anderen blieben in der Heimat. Doch wer führte die Familienlinie weiter? Ein Stammbaumportal und Telefonate mit verschiedenen Heubleins brachten schließlich die richtige Spur. Nachkommen von Heinrichs Brüdern finden sich in der Gemeinde Föritztal. Inzwischen wurden Adressen ausgetauscht und die guten Nachrichten über Rolf Syrigos auch nach Amerika gesendet.

Dass die Ur-Urenkel der Auswanderer die deutschen Wurzeln suchen, war bislang nicht so häufig der Fall. Der bekannte Heimatforscher Walter Friedrich aus Mupperg hat beispielsweise eine ausführliche Liste der Auswanderer aus Mupperg. In Kirchenbüchern hat er gelesen, dass die Kirchgemeinden den Armen halfen, die Kosten für die Überfahrt zusammenzubekommen. Walter Friedrich kann sich aber lediglich an eine Anfrage aus Brasilien erinnern. Bekannt geworden sind die Familienverbände der Bauersachsen und der Geuther, die ihre Wurzeln und ihre vielen Zweige nach Amerika intensiv erforscht haben. Die Geuthers stellten sogar DNA-Vergleiche der männlichen Linien an.

Auswandererdatenbank

Mit den sich immer weiter verzweigenden Stammbaum-Portalen dürften mehr Menschen zueinander finden, die einmal gemeinsame Vorfahren hatten. Aus den meisten Familienverbänden ist in den beiden vergangenen Jahrhunderten jemand ausgewandert. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Auswanderung in Deutschland zu einem Massenphänomen. Zwischen 1820 und 1928 zählten die Vereinigten Staaten von Amerika sechs Millionen deutsche Einwanderer. Die Not nach den Napoleonischen Kriegen von 1803-1815, die durch vielfältige Erbteilungen zu ertraglos gewordenen Höfe, überlebte Zunftvorschriften oder Verwerfungen in der industriellen Entwicklung stehen auf der Liste der Ursachen. Als das Eisenwerk von Joseph Meyer in Neuhaus-Schierschnitz 1848/49 scheiterte, verloren dabei 1000 Menschen ihre Existenzgrundlage. Möglich, dass Johann Heinrich Heublein aus Föritz dazu gehörte. Die Thüringer Archive haben in den vergangenen Jahren viel Arbeit geleistet, um Listen von Auswanderungen aus dem Herzogtum Sachsen-Meiningen zusammenzustellen. Aus Föritz sind hier auch mehrere Heubleins verzeichnet.

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