Ausstellung Weihnachtliches aus Thüringen und dem Erzgebirge

Doris Hein
Beim Glasbläser arbeiten Jung und Alt gemeinsam auf engstem Raum. Das Zubehör zur Christbaumschmuckherstellung sind Dauerleihgaben aus Lauscha und Umgebung. Foto: /Förderverein

Lauschaer Christbaumschmuck spielt gerade im Kamelienschloss in Sachsen eine Hauptrolle neben Nussknackern, die ihren Ursprung in Sonneberg haben.

 
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Das Kamelienschloss im sächsischen Pirna-Zuschendorf, auf halber Strecke zwischen Dresden und Bad Schandau, war Anfang des Jahres schon einmal Gegenstand der Berichterstattung in Freies Wort. Damals waren die Veranstaltungs-Macher vom Landschloss auf der Suche nach einer typischen Glasbläserwerkstatt für ihre Weihnachtsausstellung. Denn neben Kamelien-, Azaleen-, Hortensien- und Bonsai-Schauen zeigt das Kleinod in Pirna regelmäßig Weihnachtspräsentationen, bei denen nun auch der gläserne Schmuck für den schönsten Baum des Jahres eine Rolle spielen sollte.

„Es war gar nicht so einfach, einen Glasbläserarbeitsplatz zusammenzutragen“, berichtet Matthias Riedel vom Förderverein Landschloss Pirna-Zuschendorf. „Glücklicherweise fanden wir zwischen Lauscha und Sonneberg Helfer, denen wir allen sehr zu Dank verpflichtet sind.“ Zu diesen gehört auch der Lauschaer Heimat- und Geschichtsverein, der bei verschiedenen Familien einen Großteil der benötigten Utensilien zusammentrug und ihn schließlich dem Verein des Kamelienschlosses als Dauerleihgabe übergeben konnte. „Einen Glasbläsertisch, alte Formen und Werkzeuge, Nagelbretter, auf denen die lackierten oder bemalten Artikel zum Trocknen aufgesteckt wurden, einen Lieferkorb, verschiedene fertige und halb fertige Produkte, aber auch Stühle und Fußbank“, zählt Vereinsvorstand Jürgen Müller-Blech auf.

Weihnachtsschmuck als Bindeglied

Seit dem 23. November kann die Ausstellung unter dem Motto „Mundgeblasen und gedrechselt - Weihnachtliches aus Thüringen und dem Erzgebirge“ im Kamelienschloss besichtigt werden. Die Glasbläserstube steht dort neben einer Seiffener Drechslerstube. Riedel und seine Mitstreiter haben sich genau überlegt, warum das Nebeneinander von hölzernem und gläsernem Weihnachtsschmuck Sinn macht. Und warum Thüringen und Erzgebirge bei der Herstellung von weihnachtlichem Schmuck einander verbunden sind.

In ihrer Ausstellungsankündigung heißt es: „Das klassische Weihnachtsland ist für uns im Dresdner Raum das Erzgebirge. Doch schauen Sie sich einmal in Ihrer weihnachtlichen Stube um, dann werden Sie sehen, ein großer Teil der uns so lieb gewordenen schönen Dinge kommt aus Thüringen und ergänzt sich mit dem sächsischen Weihnachten auf das Vortrefflichste.“ So gehört natürlich auch in Sachsen am besten handgefertigter gläserner Schmuck an den Christbaum – eine Erfindung der Lauschaer Glaskünstler. Beim Holzspielzeug wird es schon schwieriger, haben die Pirnaer festgestellt. Selbst Experten haben Probleme, manche Spielsache der thüringischen oder der sächsischen Herkunft zuzuordnen. Auch die Spanschachtel als Verpackung wurden in beiden Regionen gefertigt.

„Um das Jahr 1870 schuf Wilhelm Friedrich Füchtner in Seiffen aus Fichtenholz den ersten erzgebirgischen Nussknacker“, haben die Pirnaer recherchiert. Und fragen sich deshalb: Wo kommt eigentlich der aus E.T.A. Hoffmanns Erzählung „Nußknacker und Mausekönig“ von 1816 oder der aus Heinrich Hoffmanns Erzählungen „König Nussknacker und der arme Reinhold“ von 1851 her?

Die Vorbilder waren Nussknacker aus Sonneberg. „Anzunehmen, dass Wilhelm Füchter eines der beiden Bücher oder gar einen Thüringer Nussknacker in seine Hände bekam und daraus seine ganz eigenen Typen entwickelte“, schlussfolgern Riedel und Co. Auch die ersten für das Erzgebirge so typischen Lichterhäuser aus Pappe oder Papier sollen Thüringer Bergleute in ihrer Freizeit gefertigt haben.

Weitere Gemeinsamkeiten von erzgebirgischer und thüringischer Weihnacht waren schnell gefunden. Etwa, dass einst in der Seiffener Drechslerstube ebenso bitterste Armut herrschte wie bei den Lauschaer Glasbläsern, sodass bis zu den kleinen Kindern alle bei der Arbeit mithelfen mussten. Die fertigen Waren wurden hier wie dort über Verleger in die ganze Welt hinaus verkauft. „Während aber der erzgebirgische Spielzeugverleger die Heimindustriellen mit Ideen und Materialien versorgte und die Waren kontinuierlich über das Jahr erwarb, war das Sonneberger Verlegersystem doch anders. Die Glasbläser mussten Ideen entwickeln, Material vorfinanzieren und dann hoffen, dass der Verleger die Waren abnimmt“, heißt es in der Ausstellungsankündigung.

Enorme Vielfalt ausgestellt

Zu sehen gibt es dort alles, was zu einem richtigen Weihnachtsfest dazugehört. Gedrechselte und geschnitzte Weihnachtsfiguren, darunter Nussknacker und Räuchermännchen, Pyramiden, Puppenstuben, Kaufläden, Burgen, eine große Märklin-Eisenbahn und mehr. Auch einen Rummelplatz hat die Ausstellung zu bieten, und er wird jedes Jahr um einige Exponate erweitert, sodass er inzwischen nur noch im Festsaal Platz findet.

Hinzu kommen mechanischen Weihnachtsberge, interessante Miniaturwelten mit Szenen aus Jagd und Holzeinschlag.

Der Drechslerwerkstatt mit Fußdrehbank, originalen Werkzeugen und Halbfabrikaten wird nun erstmalig eine Lauschaer Glasbläserstube gegenübergestellt, Informationen zur Entwicklung der Glasherstellung speziell in Lauscha inklusive. Auch die Legende vom armen Glasbläser, der mangels Geld für Früchte den gläsernen Christbaumschmuck erfand, hat ihren Weg in die Ausstellung gefunden. Ebenso wie nachweisbare historische Details, etwa das von 1836 stammende Relief in der Liebfrauenkirche zu Steinheid, zu der damals auch die Lauschaer eingepfarrt waren, das einen Tannenzweig mit Glaskugel zeigt.

Achtung vor der Handwerkskunst fördern

„Das Ergebnis kann sich sowohl in Umfang wie Qualität sehen lassen“, finden die Ausstellungsmacher. Neben dem „Bolg“ sind alle notwendigen Materialien zum Blasen von Christbaumschmuck ausgestellt. „In weiteren Arbeitsgängen werden die Kugeln versilbert, bemalt, auf Nagelbrettern getrocknet und endlich verpackt. Freitag türmte dann die Hausfrau die Kartons mit der Arbeit einer Woche auf ihren Tragekorb hoch auf und marschierte über Stock und Stein nach Sonneberg zum Verleger. Auch das ist in der Ausstellung zu sehen“, beschreibt Riedel. Aufmerksame Beobachter würden hier deutlich erkennen, wie viele Mühen und Handgriffe zur Fertigung einer gläsernen Christbaumkugel nötig sind und diese künftig bestimmt viel mehr würdigen und wertschätzen.

Einzelne Exponate sind in Vitrinen ausgestellt. Darunter auch eine Reihe Thüringer Nussknacker in ihrer ganzen Vielfalt vom klassischen Soldaten bis zu Karikaturen der Kaiser Napoleon und Wilhelm. Die Ausstellung findet in zwei Etagen im Schloss statt. Im Erdgeschoss sind die Kameliendrogerie und die Schlossküche weihnachtlich geschmückt. Im mittelalterlichen Schlossgewölbe kann man sich bei Glühwein, Kaffee und Stollen stärken.

Geöffnet ist noch bis 18. Dezember Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr, Montag von 10 bis 16 Uhr.

www.kamelienschloss.de

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