Der damals herbeigerufene Polizist sagte im Zeugenstand, der Angeklagte sei nach den Vorfällen in keinster Weise kooperativ gewesen. Deswegen sei Verstärkung angefordert und er in Unterbindungsgewahrsam genommen worden. Ja, so der Polizist, der Angeklagte sei alkoholisiert gewesen, „er hat aber gewusst, was er sagte und tat. Als Alkoholkranker braucht er ja ein gewisses Maß...“. Auch der Polizist selbst war als „Kinderschänder“ vom Angeklagten beleidigt worden. Er sei das alles nicht gewesen, wiederholte der Angeklagte und bestritt alles. Es seien damals ja viele Erwachsene draußen gewesen und viele Kinder und die hätten alle irgendetwas geschrien, teilte er dem Gericht seine diffuse Wahrnehmung mit, bei der er offenbar auf Grund Alkoholmissbrauchs die Übersicht über eigene Äußerungen und den Auflauf an Menschen verloren hatte.
Anzeige wegen Beleidigung hatte auch eine 65-jährige Nachbarin des Mannes erstattet. Diese hatte der Angeklagte am 17. August 2020 vom Einkauf kommend verfolgt und bedroht. Das bestätigte die Frau auch vor Gericht noch einmal. Im Zeugenstand sagte sie, der Mann sei ihr damals nachgelaufen, habe gerufen, er wolle sie „platt machen“ und „irgendwann übergieß ich Dich mit Benzin und fackel Dich ab“. Auch diese Frau bestätigte, der Angeklagte habe dies im betrunkenen Zustand geäußert.
Fast jährlich ein Delikt
Fünf Eintragungen hatte der 53-Jährige bisher im Bundeszentralregister angesammelt, ab 2015 fast jährlich ein Delikt; beginnend mit Diebstahl, danach vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr, Nötigung mit Körperverletzung, Beleidigung und Zeigen verfassungswidriger Kennzeichen sowie Sachbeschädigung und erneut die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidrigen Organisationen.
Die Frage, ob er unter Betreuung stehe, verneinte er. Er pflege aber seine 82-jährige Mutter, sagte der Angeklagte. Eine Alkoholtherapie habe er bereits absolviert. Die habe nur drei Monate gehalten, so der gelernte Koch, der einen 8-Klassen-Abschluss angab, aber die 9. und 10. Klasse in der Abendschule mit „sehr gut“ nachgemacht habe. Einer Arbeit gehe er nicht nach, er beziehe Hartz IV, sagte er. Er trinke aber nicht jeden Tag, manchmal auch drei oder vier Tage gar nicht.
„Na vielleicht so 0,8.“
„Wenn ich jetzt den Alkomat hole, was zeigt der wohl?“, fragte ihn der Richter nicht ohne Grund. Der Angeklagte druckste rum: „Jetzt so? – Grade?“, „Ja“ erwiderte der Richter. „Na vielleicht 0,8“, so der Angeklagte. Der Richter zweifelte: „Das reicht wohl nicht! Ich riech’s doch bis hierher. Trinken Sie täglich?“, „Nein“, versicherte der Angeklagte schnell, heute habe er nur zur Beruhigung ein Bierchen getrunken.
Die Staatsanwältin sah alle Vorwürfe als bestätigt an, was ihr den Zwischenruf des Angeklagten einbrachte, das stimme alles nicht, „ich bin das nicht gewesen“, jedoch die Klägerin nicht die Butter vom Brot nehmen ließ mit sofortigem Konter, „doch“, denn das hätten sämtliche Zeugen genau so bestätigt. Sie forderte, da sich Geldstrafen bei ihm nicht bewährt hätten, elf Monate Haft, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung, sowie 300 Stunden ehrenamtliche Arbeit und eine Alkohol-Therapie.
200 Stunden ehrenamtliche Arbeit
In seinem letzten Wort wirkte der Angeklagte völlig verwirrt und erklärte nach zweifacher Aufforderung dazu dann, er wolle gegen den ersten Zeugen „Anzeige wegen schwerer Körperverletzung“ erstatten, denn er sei hingefallen. Das könne er gerne nach dem Urteilsspruch bei der Polizei erledigen, bot der Richter ihm an, der den Mann schuldig verurteilte in allen angeklagten Fällen. Neben der angedrohten Haftstrafe muss er zwingend 200 Stunden ehrenamtliche Arbeit ableisten und sich einmal monatlich bei der ambulanten Suchtbehandlung vorstellen. Das Gericht habe die Alkoholisierung zu den Tatzeiten als mildernd berücksichtigt, so der Vorsitzende. Allerdings sei er unbelehrbar und inzwischen nun dreimal allein wegen des Verwendens nationalsozialistischer Symbolik verurteilt. Mache er weiter so, gebe es auch keine Strafaussetzung zur Bewährung mehr, so der Richter. gbe