Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist ein europäisches Gericht, aber keines der Europäischen Union. Stattdessen gehört es zum Europarat, wo auch Großbritannien bislang weiterhin Mitglied ist. Vor dem Gerichtshof können wegen des Verdachts auf Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention Klagen gegen alle 46 Mitgliedsstaaten eingereicht werden.
Labour: "erstaunliche Heuchelei"
Einen Austritt aus der Menschenrechtskonvention, wie ihn zuletzt Russland vollzogen hat, und den konservative Politiker in Großbritannien immer wieder fordern, lehnt die Regierung bislang ab. Hintergrund ist unter anderem, dass die Teilnahme an der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ausdrücklich in dem als Karfreitagsabkommen bezeichneten Friedensschluss in Nordirland und dem Brexit-Handelsabkommen zwischen London und Brüssel vorgesehen ist.
Doch statt eines Austritts droht nun die Aushöhlung, fürchten Kritiker. Die Opposition kritisierte das Gesetzesvorhaben scharf. Die rechtspolitische Sprecherin der Labour-Partei, Rachel Reeves, bezeichnete den Bill of Rights als "Schwindel". Das Gesetzesvorhaben enthebe die Regierung der Verantwortung, Menschenrechtsverstößen vorzubeugen, sagte Reeves. Im Hinblick auf die russische Invasion in die Ukraine sagte sie: "Was für eine erstaunliche Heuchelei von dieser Regierung, anderen zu predigen, wie wichtig es ist, Rechte im Ausland zu verteidigen, während sie Briten zuhause weggenommen werden."
Auch Menschenrechtsorganisationen zeigten sich alarmiert. Amnesty International UK beschrieb den Plan als "riesigen Rückschritt für die Rechte der einfachen Menschen." Auch die Juristenvereinigung Law Society kritisierte das Gesetzesvorhaben. Dieses führe dazu, dass einige Menschenrechtsverletzungen in Großbritannien akzeptabel würden, sagte die Präsidentin Stephanie Boyce der BBC zufolge. Außerdem verleihe es dem Staat größere Macht über seine Bürger - eine Macht, die dann alle künftigen Regierungen hätten, unabhängig von ihren Zielen und Werten.