Archäologische Grabungen vor der Post Wo am Markt das Erz geschmolzen wurde

Erik Hande
Der Verschluss eines Zapfhahns aus Bronze Foto: Erik Hande

Auf dem Markt sind Archäologen dabei, Spuren aus der Meininger Geschichte ans Licht zu holen.

 
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Meiningen - Während sich die Bagger tief in das Erdreich graben, um vor der Post Leitungen in das Erdreich zu bringen, ist der Trupp des Landesamt für Archäologie und Denkmalschutz dabei, Spuren der Meininger Geschichte an das Tageslicht zu holen. Jeder noch so kleine Fund ist für die drei Mitarbeiter vor Ort wichtig. Und was sie an der Ecke Wettiner Straße und Eleonorenstraße bereits gefunden haben, das geht weit über ihre Erwartungen hinaus.

Seit vier Wochen tasten sich Elisa Spitzer und Dominik Labitzke an den Grabenwänden vorsichtig in das Erdreich, um „in ungestörten Bereichen“ fündig zu werden. Scherben, Henkel, eine Klinge sowie hölzerne Pfahlreste hat das Trio gefunden.

Etwa 20 Zentimer arbeiten sie sich jeweils in die Grabenwand, um der Geschichte auf die Spur zu kommen. Allein das Profil der Wand gibt ihnen schon Auskunft über die frühe Nutzung der heutigen Straße.

Unter der Asphaltschicht befindet sich zunächst eine Pflasterung, vermutlich der Straßenbelag aus dem 19. Jahrhundert. Das Profil reicht hinunter bis zu einer intakten Brandschicht, die etwa aus dem 12. Jahrhundert stammen dürfte.

Die erstaunlichste Entdeckung ist für das Grabungsteam ein Grubenhauses. Zwei Fundstellen mit Überresten von Holzpfählen im Abstand von drei Metern fielen Dominik Labitzke auf. Die senkrecht aufgestellten Reste einer Konstruktion mussten einen Zweck erfüllt haben, war es sich gleich sicher. Als dann an der Ecke vor der heutigen Post auch noch sogenannte Ofensäue, das sind Schmelzreste, entdeckt wurden, da lag schnell die Vermutung nahe, dass neben dem Grubenhaus einst Eisenerz verhüttet wurde.

Diese Ofensäue sind ein deutlicher Hinweis, dass das Areal am Markt für die handwerkliche Produktion genutzt wurde. Es sei aber ungewöhnlich, merkte Dr. Mathias Seidel vom Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, Außenstelle Römhild, an, dass Werkstätten so dicht am Markt gelegen hätten.

Etwa drei Meter breit oder lang könnte das Grubenhaus gewesen sein, mutmaßte Dominik Labitzke. Die Konstruktion bestand aus einer ausgehobenen Grube, an der Seite standen die Holzpfähle, die ein Dach trugen. Das Grubenhaus diente als Werkstatt und stammt, wie sich aus den vorgefundenen Schichten erkennen ließ, aus dem 13. Jahrhundert. Über dem Fund befand sich übrigens eine alte Wasserleitung.

Ein weiterer seltener Fund ist der Rest eines Kerzenständers, der in das 14. Jahrhundert datiert wird. Zu dieser Zeit seien solche Gegenstände nur in Klöstern verwandt worden, meist entstanden aus den restlichen Materialien beim Töpfern. In der Öffentlichkeit wurden Kerzenhalter zumeist erst im 15. Jahrhundert genutzt. „Ich wüsste nicht, dass wir so etwas in Südthüringen außerhalb eines Klosters schon einmal entdeckt hätten“, merkte Dr. Seidel an.

Dann war da noch dieser Verschluss eines Zapfhahns. Aus Bronze war er und deshalb in früherer Zeit allein schon wegen seines Materialwertes ein stets gut behütetes Teil. An Wein- oder anderen Fässern diente das konisch geformte Teil zum Öffnen und Schließen des Zapfhahns. „Es scheint eine niederländische Form zu sein, die hier später Fuß gefasst hat“, merkte Dominik Labitzke an. Er hatte sich gleich noch am Abend des Fundtages belesen und versucht, die Herkunft des Verschlusses zeitlich und örtlich einzugrenzen. Der Fund aus der Eleonorenstraße stammt etwa aus der Zeit um das Jahr 1600.

Eine Eisenklinge, verschiedene Reste von Tontöpfen und anderes mehr hat das Archäologenteam obendrein im Erdreich gefunden. Möglich wurde das, weil genug Zeit blieb, um in der Baustelle zwischen Spundwänden und Baggern auf Suche zu gehen, dankt das Grabungsteam dem Bauleuten der Firma Eurovia, die vor Ort tätig sind. Bereits fünf Kisten voll mit geborgenen Funden, zahlreiche Skizzen zu deren Fundorten und die Dokumentation zu den vorgefundenen Schichten unter der Straße ergeben heute schon ein interessantes Geschichtsbild von der Meininger Innenstadt.

„Dabei haben wir noch sieben Hausanschlüsse vor uns“, freuten sich Elisa Spitzer und Dominik Labitzke am Donnerstag über hoffentlich weiterhin viele Fundstücke. Alles was sie aus dem Erdreich ausgraben, wird zunächst vorsichtig gesäubert, fotografiert, dokumentiert. Später kommt alles miteinander in die Werkstatt nach Weimar, um dort restauriert und archiviert zu werden.

„Die Grabung ist jetzt schon erfolgreich“, ordnete Mathias Seidel vorige Woche den Stand der Untersuchungen ein. „Wir haben einen Kern, wo wir handwerkliche Stätten haben“, die noch dazu bis ins 12. Jahrhundert reichten. Solch ein aussagekräftiges Ergebnis habe man nicht erwartet. Die Grabungen werden parallel mit den Bauarbeiten fortgeführt. Auf die nächsten Fundstücke darf man jetzt schon gespannt sein.

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