Datiert werden die Entdeckungen in das 11./12. Jahrhundert, so zeitig wie zuletzt kein anderes der jetzt entdeckten Fundstücke. Die ledernen Funde gehen jetzt nach Weimar. Dort wird das grob gesäuberte Exemplar, egal ob Becherteil oder Stück einer Sohle, im Detail gereinigt und haltbar gemacht. Fehlt es im Moment an Kapazität, dann werden solche Funde eingefroren, schildert Dominik Labitzke.
Er hat in dem Areal noch eine besondere Tatsache festgestellt. Vom Kreuzungsbereich in Richtung Bleichgraben habe man auf einer bestimmten Tiefe immer wieder eine dunklere Spur gefunden. Dieser ehemalige Graben, wenn es ein solcher war, befindet sich etwa 1,70 Meter unter der Eleonorenstraße. Dominik Labitzke vermutet, dass dies ein Ab- oder Zulauf für Wasser gewesen sein könnte. Schließlich sei in einer Gerberei immer viel fließendes Wasser benötigt worden. Wenn die aufgenommenen Messdaten nun ein leichtes Gefälle dieser Spur ergeben, dann könnte es sich um einen Zu- oder Ablauf gehandelt haben.
Würde man im Zuge der weiteren Bauarbeiten auch noch die Bottiche der Gerberei entdecken, dann könnten die Archäologen noch ein weiteres Handwerk hinzufügen. Bislang sind die Aussagen darüber noch weit gegriffen. Belegen lassen sich das Grubenhaus und Schlacken im Zusammenhang mit der Verhüttung von Eisenerz und die Abfallgrube einer Lederwerkstatt. Beides so nahe am Markt ist dem Grabungsteam und ihrem Leiter Mathias Seidel immer noch ein leichtes Rätsel. Denn für gewöhnlich seien diese doch wenigstens ein Stück weiter vom zentralen Platz entfernt gewesen. Allerdings habe man auch in Schmalkalden bereits solche Reste von Werkstätten unweit des Marstalls von Schloss Wilhelmsburg gefunden, erklärte der Historiker.
Am Meininger Markt entdeckten die beiden Mitglieder der Bodendenkmalpflege neben einer Holzkugel, vermutlich ein Kinderspielzeug, auch noch eine Ofenkachel aus dem 16./17. Jahrhundert, eine aus einem Knochen gesägte Nadel und andere Zeugnisse menschlicher Arbeit und des Alltagslebens.
Besonders erfreut waren die Archäologen, als sie in der Eleonorenstraße auf Reste der Stadtmauer gestoßen sind. Parallel zum Bleichegraben verläuft deren Mauerkrone in einer Tiefe von 1,25 Meter. Freilich war der einstige Schutzwall nicht mehr vollständig. Die grob behauenen Quader aus Kalksandstein wurden später sicher für andere Neubauten benötigt, vermutet Dominik Labitzke.
Auf jeden Fall ist das Material über der Mauerkrone aus dem 16. Jahrhundert, ordnet Dr. Seidel die vorgefundenen Reste der Stadtmauer zeitlich ein. Deren Höhe könnte bis in eine Tiefe von 1,30 verfolgt werden, wo sie vermutlich gegründet war. Ihre genaue Höhe lässt sich durch den teilweisen Abbruch an der Stelle also nicht wirklich erkunden. Deren Entdeckung sei auch für künftige Baustellen wichtig, denn man könne dem Bauherrn sagen, dass er im geraden Verlauf ebenfalls mit Resten der Stadtmauer rechnen müsse.
Interessant ist der Fund einer steinernen Geschosskugel in der Nähe der Stadtmauer in der Schicht des Spätmittelalters. Knapp fünf Meter von der Mauer entfernt lag sie unter der Eleonorenstraße. „Sie könnte schon Teil einer Kampfhandlung gewesen sein“, sagte Mathias Seidel zu dem Fundstück aus dem 14. Jahrhundert. Doch das sei nur eine Mutmaßung.
Viele Fundstücke würde das Grabungsteam vor Ort grob bestimmen. Feinheiten und genauere Datierungen ergäben sich mitunter erst, wenn die Funde gereinigt und konservatorisch aufgearbeitet sind, ergänzte der Referatsleiter.
Von morgens bis abends habe man mitunter gesichtet, vorsichtig gegraben, Fundstücke mit Bedacht freigelegt und aufgenommen, verdeutlicht Elisa Spitzer den Aufwand der Arbeit. Es sei keine leichte Tätigkeit bei diesen sommerlichen Temperaturen, bestätigt Dominik Labitzke. Doch die Freude über die Funde steht den beiden als Entschädigung für alle Mühe sichtbar ins Gesicht geschrieben.
Sie sind optimistisch, dass sie bei den noch anstehenden Arbeiten weitere Entdeckungen machen werden. Sie bauen stark darauf, dass sie wie bisher von der Baufirma weiter so gut unterstützt werden.
Sehr stark hofft das Grabungsteam darauf, Reste der Bottiche der vermuteten Gerberei zu entdecken. Selbst kleine Aststücke, die sich mit der Luft in Berührung kommend blau gefärbt haben, würden deren Existenz nahelegen. In dem Bereich, in dem die Überbleibsel der Lederwerkstatt entdeckt wurden, fanden sich auch Keramikreste, die zu einem Gefäßrand zusammen gesetzt werden konnten. Deren Gestaltung und Verarbeitung lassen den Rückschluss zu, dass der Krug oder was es war aus dem 12. Jahrhundert stammt. Die weiteren Untersuchungen werden noch manch interessantes Detail zutage bringen. Auf jeden Fall birgt das Quartier Eleonorenstraße / Marktplatz noch vieles, was es lohnt entdeckt zu werden.