Deutlicher schärfer als Regiomed verurteilen verschiedene Vertreter der Ärzteschaft die Aussagen der Südthüringer Mediziner. „Die Landesärztekammer ist angesichts der Pandemiesituation in Thüringen entsetzt, wie Kollegen die Lage hier in unserem Bundesland verkennen und übersehen, dass ärztliche Kolleginnen und Kollegen im wahrsten Sinne des Wortes tagtäglich um das Leben von Coronapatienten kämpfen – und auch in unseren Praxen arbeiten wir angesichts der hohen Inzidenz am Limit“, sagte die Präsidentin der Kammer, Ellen Lundershausen. Die Coronabeschränkungen seien eine notwendige Folge dieser mehr als schwierigen Situation, die sich niemand wünsche.
Von der Landeskrankenhausgesellschaft hieß es, man wolle sich zwar zu konkreten Einzelfällen nicht äußern. Der Geschäftsführer des Verbandes, Rainer Poniewaß, sagte aber auch: „Aus unserer Sicht ist das ärztliches Handeln mit einer solchen Haltung nicht vereinbar.“ Wie die Landesärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung spreche man sich klar für das Impfen aus. Mögliche arbeitsrechtliche Schritte gegen die Klinikärzte, die den Aufruf mit unterschrieben haben, oblägen ihren Arbeitgebern.
Ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringens wies darauf hin, dass die in der Erklärung angesprochene Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) aus dem September stammt. Damals sei die Inzidenz- und Infektionslage eine völlig andere gewesen als heute. Damit verzerre der offene Brief die Darstellung KBV, was gewiss nicht in deren Sinn sei. Eine „Bagatellisierung der äußerst ernsten Infektionslage“ lehne die KV „kategorisch ab“. Die Corona-Impfungen seien der einzige verlässliche Weg aus der Pandemie – und damit auch aus Einschränkungen, die ein noch stärkere Ausbreitung des Virus verhindern sollten.
Bei dem offenen Brief handele es sich in erster Linie um eine Meinungsäußerung derer, die ihn unterzeichnet haben. Eine solche Meinung stehe ihnen wie allen anderen Menschen in Deutschland frei. „Daraus allein lässt sich noch keine Schlussfolgerung auf die Erfüllung des ärztlichen Versorgungsauftrages ziehen“, sagte der KV-Sprecher. Sollte es aber Beschwerden über eine Behandlung durch einen dieser Ärzte geben, werde man solche Fälle genau prüfen.
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