Warnung vor Überbietungswettbewerb mit Rechtsextremen
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl warnte mit Blick auf Merz: „Die politischen Verantwortlichen in der demokratischen Mitte dürfen nicht in einen Überbietungswettbewerb mit den Rechtsextremen und Völkischen eintreten.“ Die AfD-Bundestagsfraktion forderte, „den unkontrollierten Zuzug von Ausländern nach Deutschland umgehend zu unterbinden und die Zahl der Abschiebungen drastisch zu erhöhen“.
SPD-Generalsekretär Kühnert: Aufnahmestopp rechtlich nicht möglich
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wies die Merz-Forderung nach einem generellen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan zurück. Dem stehe das Grundgesetz entgegen, beispielsweise das individuelle Recht auf Asyl, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Und: „Die Antwort kann doch nicht sein, dass wir Menschen, die selber vor Islamisten fliehen, weil sie von denen für ihre Lebensweise verfolgt werden, jetzt die Tür vor der Nase zuschlagen.“
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte in der Bundespressekonferenz: „Das würde gegen das Grundgesetz und wahrscheinlich auch gegen die EU Menschenrechtsverordnungen verstoßen, und Regierungen sind nie gut beraten, Verfassungsbruch zu begehen.“
Kühnert betonte, man müsse verstärkt das Problemfeld der Radikalisierung von Einzeltätern angehen. „Das ist der Bereich, wo wir nicht gut vorankommen im Moment“, sagte er. „Hier braucht es jetzt einen großen Wurf von Bund und Ländern gemeinsam.“
Widerspruch von der Union
Der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm hielt Kühnert im ARD-„Morgenmagazin“ entgegen, die wenigsten Bewerber bekämen Asyl wegen des Schutzes nach dem Grundgesetz. Die meisten erhielten subsidiären Schutz, sie seien in ihrer Person nicht verfolgt oder bedroht. In Afghanistan fänden keine Kampfhandlungen mehr statt, in Syrien nur lokal begrenzt. „Deswegen muss der subsidiäre Schutz für Afghanen und für Syrer wegfallen.“
Mutmaßlicher Täter sitzt in Untersuchungshaft
Am Freitagabend waren bei einem Stadtfest im nordrhein-westfälischen Solingen drei Menschen mit einem Messer getötet worden. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Mutmaßlicher Täter ist ein 26-jähriger Syrer, der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt. Er wurde inzwischen in der JVA Düsseldorf untergebracht. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Mordes und wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Diese reklamierte den Anschlag für sich.
Der Verdächtigte kam nach Angaben aus Behördenkreisen am 25. Dezember 2022 nach Deutschland und stellte einen Asylantrag. Dieser wurde aber abgelehnt. Da der Mann über Bulgarien einreiste, war dieses Land für seinen Asylantrag zuständig. Bulgarien habe der Rückführung sehr schnell zugestimmt, berichtete Regierungssprecher Hebestreit. Ein erster Versuch, den Mann zurückzuschicken, scheiterte am 3. Juni 2023. Die Behörden trafen ihn in seiner Unterkunft in Paderborn nicht an. Normalerweise müssten dann weitere Versuche folgen, zu denen es aber offenbar nicht kam.
Wüst fordert Aufarbeitung in Behörden
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) fordert Aufarbeitung. „Wenn da irgendwo was schiefgelaufen ist, bei welcher Behörde auch immer, ob vor Ort in Bielefeld, in Paderborn oder bei Landes- oder Bundesbehörden, dann muss die Wahrheit da auf den Tisch“, sagte er im „heute journal“ des ZDF.
Beim Besuch in Solingen zusammen mit Scholz sagte Wüst, Fristen, bürokratische Hemmnisse und Schlupflöcher machten es Behörden vor Ort schwer, auch nur nach Europa abzuschieben. Es müsse möglich werden, Menschen auch in Teile Syriens und nach Afghanistan abzuschieben.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) rief im ZDF dazu auf, die möglicherweise zu komplizierten Abläufe bei Abschiebungen zu überprüfen: „Nutzen wir die Gelegenheit, die Fragen zu stellen: Wo hakt’s und müssen wir was verändern? Ich befürchte: Ja, wir müssen was verändern.“
Folgenschwerster Anschlag seit Jahren
Nach einer Übersicht des Verfassungsschutzes wäre die Tat in Solingen der folgenschwerste aus mutmaßlich islamistischen Motiven begangene Anschlag in Deutschland seit dem Angriff auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2016 mit damals 13 Toten und 64 Verletzten.