Doch nicht nur die Fasern, sondern auch die essbaren Teile der Hanfpflanzen erleben seit einigen Jahren eine Renaissance. Da Nutzhanf nur sehr geringe Mengen der psychoaktiven Verbindung Tetrahydrocannabinol (THC) enthält, ließe sich eine berauschende Wirkung gar nicht erzielen. Dafür finden sich in Hanfsamen hochwertige Proteine, mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Ballaststoffe, Vitamine und Mineralien. Man kann aus ihnen Speiseöl pressen und Proteinpulver sowie Ballaststoffe produzieren oder die Beiprodukte als Tierfutter verwerten. Auch die Hanfblüten werden bereits genutzt. Sie aromatisieren zum Beispiel Limonaden und Hanfbier oder lassen sich zusammen mit den Blättern als Tee aufbrühen.
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Das vielfältige Interesse an dem Rohstoff vom Acker hat dazu geführt, dass die Anbauflächen in Deutschland in den letzten Jahren kräftig gewachsen sind. Die Statistik des Jahres 2021 weist 6444 Hektar aus, das sind 20 Prozent mehr als im Jahr davor. Allerdings reicht das bei Weitem noch nicht, um die steigende Nachfrage zu decken. So bezieht Hessnatur den Hanf für seine Kleidungsstücke hauptsächlich aus China. Gerne würde die Firma auch welchen aus heimischem Anbau verwenden. Doch sie braucht ihn als bereits ausgesponnene Faser. Und dafür hat sich in Deutschland noch kein Lieferant gefunden.
Rechtliche Hürden
Grenzwert
Deutsche Hanfbauern dürfen bisher nur bestimmte Sorten aussäen, die weniger als 0,2 Prozent THC enthalten. Mitarbeiter der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung kontrollieren noch auf dem Feld, ob dieser Grenzwert eingehalten wird. Ansonsten wird die Ernte beschlagnahmt. Das kann für Landwirte zum Problem werden. Denn in den zugelassenen Sorten kann der THC-Gehalt von Jahr zu Jahr schwanken. „Mehr Sonne bedeutet auch mehr THC“, erklärt Daniel Kruse, Präsident des Europäischen Industriehanf-Verbandes EIHA.
Betäubungsmittelgesetz
Für Kruse ist die Tatsache, dass auch Industriehanf noch immer an das Betäubungsmittelgesetz gebunden ist, eines der wesentlichen Hindernisse für einen weiteren Ausbau des europäischen Hanfmarktes. So dürfen in vielen EU-Ländern keine Hanfblüten genutzt werden, weil sie als Betäubungsmittel gelten – obwohl ihr THC-Gehalt den Grenzwert von Industriehanf einhält.
Beschluss
Eine Erleichterung für Bauern hat die EU schon beschlossen: Ab dem 1. Januar 2023 darf Nutzhanf 0,3 statt 0,2 Prozent THC enthalten, wenn man dafür Direktzahlungen erhalten will. Für den nicht-subventionierten Anbau können die Mitgliedsstaaten höhere Grenzwerte festlegen. Dadurch können weitere Nutzhanf-Sorten zugelassen werden, und das Risiko für Grenzwertüberschreitungen sinkt. „Nutzhanf ist keine Droge“, sagt Kruse. „Also sollte er auch nicht wie eine behandelt werden.“