Aktionstag der Migrationsberatung „Wir waren trotzdem da“

Lena C. Stawski
Luftballons und Girlanden: Stefanie Fritz und Gabriele Punke (von links) wollen auch optisch auf den bundesweiten Aktionstag der Migrationsberatung aufmerksam machen.   Foto: /Lena C. Stawski

Die Beratungsstellen der Caritas Meiningen wollen am bundesweiten Aktionstag der Migrationsberatung über die Bedeutung der Beratungsangebote informieren. Stefanie Fritz und Gabriele Punke berichten über ihre Arbeit.

 
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Meiningen - „Wir geben Starthilfe und leisten Hilfe zur Selbsthilfe,“ sagt Stefanie Fritz. Sie ist Sozialpädagogin und Migrationsberaterin bei der Caritas Meiningen. „Unsere Aufgabe ist es, Begleiter für die Zugewanderten zu sein“, fügt die Leiterin der Fachdienststelle Jugendmigrationsdienst (JMD-Südthüringen), Gabriele Punke, hinzu.

Am deutschlandweiten Aktionstag für die bundesgeförderten Programme der Migrationsberatung wollen die Beratungsdienste der Caritas Meiningen über ihre Angebote im Migrationsbereich informieren.

Die Arbeit der Caritas Meiningen umfasst die Migrationsberatung erwachsener Zuwanderer und jugendlicher Zuwanderer mit Migrationshintergrund und rechtmäßigem Aufenthalt in Deutschland. Der Jugendmigrationsdienst sei dabei keine reine Beratungsstelle, informiert Punke. „Wir gehen sonst auch an Schulen sowie Berufsschulen und leisten Aufklärung im Bereich Bildung“, sagt sie.

Die beiden Dienste der Caritas sind „ein Grundangebot des Bundes an Integration“. Dieses Angebot sei auf drei Jahre ausgelegt, ab dem Zeitpunkt, wo die Zugewanderten einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel haben, erklärt Punke. Nach dem rechtmäßigen Aufenthalt folgt die Niederlassungserlaubnis. „Darauf arbeiten wir hin“, sagt Punke. Es gebe vor Ort aber auch die Möglichkeit einer allgemeinen Sozialberatung für Menschen, die schon länger in Deutschland leben, teilt sie mit. Die Flüchtlingssozialberatung betreue die Asylbewerber im Landkreis. Die Migrationsberatung erwachsener Zuwanderer ab 27 Jahren richte sich an Neuzugewanderte aus dem Bereich EU-Ausländer und an Spätaussiedler. Ebenso haben Paare binationaler Ehen die Möglichkeit, sich an die Migrationsberatung zu wenden.

Die Beratungsstelle der Caritas umfasse im ganzen vier Lebensbereiche, erklärt Punke: den Bereich Bildung beziehungsweise Schule, den Beruf, den sprachlichen Sektor sowie den gesellschaftlich-sozialen Bereich. Vieles, was selbstverständlich erscheine, sei für jemanden aus einer anderen Kultur Neuland. Dazu zählen unter anderem das Thema Mülltrennung oder Verbindlichkeiten in einem Mietverhältnis. Ein Neuankömmling, der keinen Fernseher habe, verstünde ebenso nicht, wieso er eine GEZ-Gebühr bezahlen müsse. „Die meisten kommen mit Papieren, die sie nicht verstehen“, sagt Fritz. Ratsuchende würden von diversen Behörden und Ämtern an die Beratungsstellen weitergeleitet.

„Wir bieten Unterstützung ab der Geburt, über Wohnungssuche, bis hin zum Lebensende“, sagt die Sozialpädagogin. Die Beratungsstellen der Caritas vermitteln Sprach- und Integrationskurse. Sie leisten aber vor allem Aufklärungsarbeit und helfen bei Behördengängen: Wie kommt man an eine Geburtsurkunde? Wie beantrage ich Leistungen beim Jobcenter? Darf ich schon arbeiten? Wie erhalte ich eine Krankenversicherung? Was sind U-Untersuchungen? Mit diesen und anderen Fragen wenden sich die Menschen an die Beratungsstellen. Jeder bringe individuell verschiedene Voraussetzungen mit, erklärt Punke. Ehrenamtliche Mitarbeiter unterstützen die Arbeit der Caritas. „Ohne ehrenamtliche Helfer wären wir aufgeschmissen“, betont Punke. Bundesfreiwillige helfen den Unterstützungssuchenden bei der Alltagsbewältigung und begleiten sie zum Beispiel zu Aufnahmegesprächen in den Schulen oder zum Sozialkaufhaus. „Unser Angebot ist kostenlos“, sagt sie. Die Menschen nehmen es dankend an. „Sie sind froh, dass sie uns als Ansprechpartner haben“.

Beratungsgespräche werden in der Regel auf Deutsch, Englisch oder Russisch geführt. Mit dem geförderten „Landesprogramm Dolmetschen“ können aber auch über 15 weitere Sprachen, wie zum Beispiel Rumänisch oder Arabisch, übersetzt werden. Das kostenlose Angebot für Video- und Audiodolmetschleistungen werde von gesundheitlichen Einrichtungen im ländlichen Raum leider kaum genutzt, berichtet Stefanie Fritz. Sie wünsche sich, dass das Programm auch hier von niedergelassenen Ärzten oder in Krankenhäusern in Anspruch genommen werden könnte. Das Jobcenter nutze die Leistung bereits, freut sie sich.

In der Corona-Pandemie sei die Nachfrage in den Beratungsstellen hoch gewesen. Viele soziale Einrichtungen und Behörden hatten geschlossen. „Wir waren dennoch da“, sagt Fritz. Trotz der Einschränkungen sei die Erreichbarkeit in den Beratungsstellen durchweg gegeben gewesen, berichtet sie. Die Beratungen haben üblicherweise telefonisch stattgefunden. Die Möglichkeit einer Online-Beratung habe es auch gegeben, diese sei von den Klienten aber kaum in Anspruch genommen worden. Die meisten zögen den persönlichen Kontakt vor. „Nicht jeder traut sich anzurufen und nicht alle Fragen lassen sich am Telefon klären.“, sagt Fritz. Gespräche von Angesicht zu Angesicht machen die Kommunikation einfacher. „Viele haben daher dennoch an unsere Tür geklopft“, berichtete Fritz. Zum Teil hätten die Beratungen draußen stattgefunden oder am Fenster. In den ersten zwei Monaten der Pandemie im März 2020 wäre die Situation in den Beratungsstellen noch ruhig gewesen, dann hätten sich die coronabedingten Probleme angehäuft: Viele Behörden hatten geschlossen. Für die Unterstützungssuchenden sei es eine große Umstellung gewesen, nur noch nach Vereinbarung einen Termin zu erhalten. Was am Telefon nicht abhandelbar gewesen sei, wurde in den Not-Sprechzeiten besprochen. Es sei für Betroffene ein Rückschlag gewesen, wenn bereits geplante Familiennachzüge pandemiebedingt nicht haben stattfinden können. Im Falle häuslicher Gewalt habe die Beratungsstelle an das Frauenhaus vermittelt, sagt Fritz. Zu den kritischen Situationen habe auch gezählt, wenn jemandem die Mittel gestrichen worden seien. Viele waren von Kurzarbeit betroffen oder hätten in der Zeit ihren Job verloren. In den Not-Sprechzeiten wurde den Zugezogenen beim Ausfüllen von Anträgen geholfen. Stefanie Fritz betont die Systemrelevanz der Beratungsdienste vor Ort vor allem innerhalb der pandemiebedingten Krisensituation. „Unser Angebot ist unabdingbar, um die Versorgung in den Familien zu sichern“, sagt sie. Ein wesentlicher Beitrag habe darin gelegen, den Klienten in der unsicheren Zeit weiterhin Halt zu geben.

Wer mehr über die Arbeit der Caritas erfahren möchte, ist eingeladen, Kontakt aufzunehmen oder sich im Internet zu informieren.

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