Aktion zum „Orange Day“ Ein Rettungsschirm für Opfer von Gewalt

Sarah Jakob
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Am 25. November begeht man alljährlich den „Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“, auch „Orange Day“ genannt. Ein Netzwerk von Akteuren aus Stadt und Landkreis Sonneberg hat im Voraus auf Hilfsmöglichkeiten aufmerksam gemacht.

 
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Mit einer Infoveranstaltung im Stadtteilzentrum „Wolke 14“ eingebracht hat sich das Bündnis gegen häusliche Gewalt anlässlich des weltweiten „Orange Day“. An diesem Aktionstag soll auf Gewalt an Frauen hingewiesen und das Thema in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden.

Das gemeinsame Motto am Abend lautet deshalb „Unterm Rettungsschirm“, der auch in grellem Orange über den Plakat-Aufstellern angebracht ist. Am Geländer an der Außenseite des Gebäudes haben die Organisatoren zusätzlich Luftballons angebracht, um auf den über die Woche hinweg frei zugänglichen Infostand aufmerksam zu machen. Das Bündnis hatte zuvor an diesem seine Hilfsangebote in Form von Flyern und Broschüren vorgestellt. Außerdem unterstützt es die bundesweite Aktion des Hilfetelefons gegen Gewalt an Frauen, die unter der Überschrift „Wir brechen das Schweigen“ steht. Man wolle einen niedrigschwelligen Zugang zu den Organisationen und Ansprechpartnern schaffen und von Gewalt Bedrohten die Möglichkeit geben, sich schnell und einfach zu informieren. Niemand werde ausgefragt, stellten die beiden Gleichstellungsbeauftragten, Martina Leipold von der Stadt Sonneberg und Ute Hofmann vom Landkreis, klar.

Solidarität mit iranischen Frauen

Über die Gefahren vom Stillschweigen über häusliche Gewalt, Bedrohung und Demütigung, egal ob gegenüber Frauen oder Männern, berichtet Ute Hofmann den Vertretern der verschiedenen Einrichtungen, Verbände, dem Ehrenamt, Institutionen und Unternehmen.

In diesem Zuge erwähnt sie die iranischen Frauen, an die das Bündnis dieses Jahr besonders denke. „Durch die Unterdrückung der Frauen in ihrem Heimatland sind sie, unter Verstoß gegen völkerrechtlich bindende Menschenrechte, stark benachteiligt“, erklärt Hofmann. Die Gleichstellungsbeauftragte nennt als Beispiele für die unvorstellbaren Gegebenheiten im Iran, dass etwa Vergewaltigung in der Ehe dort keinen juristischen Straftatbestand darstellt. Auch haben die Ehemänner das Recht auf die sexuelle Verfügbarkeit ihrer Partnerin, das sie mit Gewalt einfordern können. „Auch häusliche Gewalt ist weitestgehend erlaubt und das Scheidungsrecht ist ein einseitiges Recht des Mannes“, führt das Bündnis-Mitglied aus. Sie hoffe und wünsche sich, dass die aktuellen Proteste im Land von Erfolg gekrönt sein werden.

62 Fälle im vorigen Jahr im Kreisgebiet

Ein wichtiges Anliegen von Hofmann war es ihr im Anschluss auf die Zahlen von häuslichen Gewalttaten im eigenen Land zu blicken. Der Statistik nach ist bereits jede vierte Frau in Deutschland Opfer von häuslicher Gewalt geworden. Diese kann unterschiedliche Gesichter haben und zeigt sich etwa durch körperliche Gewalt, Demütigung, Mobbing, Cyber-Mobbing, und Beleidigung. Im Landkreis Sonneberg haben sich laut Polizeiangaben insgesamt 62 solcher Fälle im vergangenen Jahr ereignet, 44 Opfer waren weiblich, 16 männlich. Damit waren zwar 73 Prozent der Betroffenen weiblich. Jedoch müsse man auch heutzutage immer noch daran erinnern, dass auch Männer Opfer von häuslicher Gewalt werden können. Gerade, weil es für sie meist keine zureichenden Schutzmöglichkeiten im Umfeld gibt, wie etwa ein Pendant zu einer Schutzwohnung für Frauen.

Polizei und Bündnis helfen

An wen sich also zuerst wenden, um aus einer Gewaltspirale zu befreien? Das beantwortet Martina Leipold konkret: „Auf jeden Fall zur Polizei gehen. Die Beamten können dann auch rechtliche Schritte in die Wege leiten und die Betroffenen an die richtigen Stellen weiterverweisen.“ Das Motto lautet im Ernstfall lautet„Wer schlägt, der geht“, wie auch Bündnis-Kollegin Hofmann betont. Nachdem im Einzelfall die Situation geprüft wurde, werden durch die Ordnungshüter gegenüber den Tätern Wohnungs- bzw. Platzverweise ausgesprochen, Kontaktverbote in die Wege geleitet oder Gewahrsam- bzw. Festnahmen durchgeführt.

Neben der Polizei ist seit einigen Jahren auch die Beratung für Menschen mit Gewalterfahrung in Trägerschaft des ansässigen Diakoniewerkes eine wichtige Stütze, heißt es. Hauptziele der Beratung sind, dass sich betroffene Menschen weniger allein gelassen fühlen. Sie lernen selbstwirksam zu handeln und sich eine Perspektive erarbeiten, um ein gewaltfreies Leben zu führen. Im Zuge der vergangenen Monate haben die Anfragen auch von Frauen mit Migrationshintergrund zugenommen. 2022 wurden bereits 17 Frauen beraten und begleitet.

Mit dem ständigen Austausch der Netzwerkpartner will das Bündnis auch zukünftig Handlungsabläufe in Fällen häuslicher Gewalt optimieren und effektiver gestalten.

Der „Orange Day“ und das „Bündnis gegen häusliche Gewalt“

Herkunft.
 Im Dezember 1999 verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Resolution, nach der der 25. November zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen bestimmt wurde. Alljährlich soll mit diesem Gedenktag, dem Orange Day“ das öffentliche Interesse auf die Gewalt gegen Frauen gelenkt werden und Strategien zu ihrer Bekämpfung in den Mittelpunkt rücken. Aus diesem Anlass werden auch in diesem Jahr Aktionen durchgeführt die dokumentieren, dass sich Institutionen, Länder, Städte und Gemeinden gegen Gewalt an Frauen positionieren.

Die Farbe.
 Der namensgebende Farbton Orange spielt zu diesem Aktionstag eine symbolische Rolle, da er grell ist und damit alarmierend wirkt. Somit wird Orange benutzt, um auf ebenso alarmierende, gesellschaftliche Zustände hinzuweisen. Deshalb hat sich mit der Zeit die Bezeichnung „Orange Day“ am 25. November etabliert. Weltweit klären Menschen, Organisationen und Institutionen auf, für eine gewaltfreie Zukunft.

Das Bündnis.
 Um von Gewalt bedrohten und betroffenen Frauen zur Seite zu stehen, wurde 2011 das Sonneberger Netzwerk gegen häusliche Gewalt des Landkreises Sonneberg gegründet. Daraus ging 2016 das Sonneberger Bündnis gegen häusliche Gewalt hervor. Die Kooperationspartner aus dem gesamten Kreises und darüber hinaus setzen sich aktiv für Mitmenschen ein, die häusliche Gewalt erfahren mussten oder von ihr bedroht sind. Seine Mitglieder stammen aus dem Ehrenamt, aber auch von Behörden, Verbänden, Institutionen und Unternehmen. Ihm gehören der Landkreis und die Stadt Sonneberg, das Jobcenter, die Polizeiinspektion, die Interventionsstelle, das Diakoniewerk, der Weiße Ring, die AWO, der Kinder- und Jugendschutzdienst „Tauzeit“, der Jugendhilfeverein „Fähre“, Pro familia, der Kreissportbund, das Bürgerbüro Wolkenrasen, der Verein Miteinander, die Wohnungsbau Sonneberg GmbH sowie das Projekt A4 für betroffene Männer und das Projekt Orange zur Täterarbeit an

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