Adventskalender selber machen Persönliches Geschenk oder nur Müll-Lieferant?

Alexandra Kratz und Lisa Welzhofer
Adventskalender: Selber basteln oder lieber kaufen? Oder gar nichts davon? Foto: Imago/Westend61

Sie machen Arbeit, produzieren Müll, aber sorgen auch 24 mal für frohe Kindergesichter. Ein Pro und Kontra zu selbst gemachten Adventskalendern.

 
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„Und, hast du schon alles für den Adventskalender zusammen?“, ist ein beliebtes Gesprächsthema unter Müttern und Vätern kurz vor dem 1. Dezember. Für die einen sind die selbst bestückten 24 Päckchen oder Tüten zusätzlicher Stress in einer ohnehin alles anderen als ruhigen Zeit. Für die anderen sind sie unverzichtbares und lieb gewonnenes Ritual. Zwei Redakteurinnen diskutieren, ob es Adventskalender wirklich braucht:

Pro: Adventskalender sind eine Möglichkeit, dem Beschenkten Wertschätzung zu vermitteln, sagt Redakteurin Alexandra Kratz.

Ich finde so einen selbst gefüllten Adventskalender viel persönlicher als eine mit ein bisschen Schokolade gefüllte große Plastikverpackung. Ich will nicht schenken um des Schenkens willen. Ich möchte mich mit demjenigen, dem ich eine Freude mache, auseinandersetzen, mir überlegen, was das Richtige sein könnte. Insbesondere, wenn es um meine Kinder geht.

Adventskalender gibt es mittlerweile für alle möglichen Zielgruppen zu kaufen. In diesem Jahr habe ich sogar welche für Hunde und Katzen gesehen. Das zeigt, wie absurd das ganze Thema ist. Für den Handel ist es nur eine zusätzliche Möglichkeit, um Geld zu verdienen.

Doch zugegeben, es wird immer schwieriger, das Richtige für so einen Kalender zu finden. Mit einem Sticker bringe ich weder die Augen meiner neunjährigen noch die meiner zwölfjährigen Tochter zum Glänzen. Ebenso wie ich, verstehen sie mehr und mehr, dass so etwas am nächsten Tag längst schon wieder alt und vergessen ist.

Das Einzige, was in unserer Überflussgesellschafts-Familie wirklich knapp und daher wertvoll ist, ist Zeit. Darum werde ich in diesem Jahr den ein oder anderen Zeit-Gutschein in die Säckchen tun, zum Beispiel für einen ausgedehnten Bummel über den Weihnachtsmarkt inklusive einer Tüte gebrannter Mandeln.

Kontra: Adventskalender sind Teil eines Geschenke-Tsunamis in der Adventszeit, sagt Redakteurin Lisa Welzhofer.

Im Zimmer meiner Tochter steht eine Schachtel voller Kruscht. Darin unter anderem: Ein Mini-Block, Radiergummi, Aufkleber, Plastikkatzenfigürchen, Stempel, kleine Karabinerhaken, Anstecker, Hüpfbälle, Ninjagokarten, Haarspangen mit Kunsthaarsträhnen und Plastikedelsteine.

Manchmal nimmt das Kind die Schachtel, kippt alles auf den Boden, wühlt etwa 15 Sekunden darin herum und lässt die Sachen dann liegen – bis ich sie unter Androhung eines riesigen Staubsaugers dazu nötige, aufzuräumen. Ein nicht unerheblicher Teil des Schachtel-Inhalts stammt aus den Adventskalendern der vergangenen Jahre.

Klar, man kann die selbst gebastelten Überbrücker bis Weihnachten sinnvoller füllen als ich das offenbar tue. Eine Kollegin steckt Witze rein (hab ich letztes Jahr auch probiert, sorgte gar nicht für Erheiterung), eine befreundete Familie verteilt Legobausätze oder Stifte-Sets auf 24 Päckchen. Man kann auch Schulbedarf oder Bastelzubehör verpacken.

Aber selbst wenn man den Kalender gaaaaanz achtsam und nachhaltig füllt: Am Ende ist er Teil eines übertriebenen Klein-Geschenke-Tsunamis, der sich in dieser Zeit bei Adventsfeiern und in Geschäften oder durch überambitionierte Nikoläuse allerorten über die Kleinen ergießt.

Ich habe beschlossen – man fängt ja immer klein an mit der Weltenrettung –, dass unsere zwei Kinder nur noch einen gemeinsamen Kalender bekommen. Und wer weiß: Vielleicht findet sich darin das ein oder andere recycelte Teil aus der Kruschtelkiste.

Lisa Welzhofer, 43, ist Themenkoordinatorin Familie und Bildung und Mutter zweier Kinder.

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