Wie kaum ein anderer Hersteller hat es Adidas geschafft, Produkte hervorzubringen, die den Zeitgeist ganzer Generationen mitprägten. Freddie Mercury trug beim legendären Band-Aid-Konzert in London Wrestling-Schuhe mit den drei Streifen. Madonna trat in Adidas-Stiefeln auf. Schuhe wie der "Handball Spezial" oder der auf der Retro-Welle wiedergeborene "Stan Smith" sprengten die Grenzen der ihnen eigentlich zugedachten Sportarten.
Smith, in den 70er Jahren einst Nummer eins der Tennis-Welt und mit Firmengründer Adi Dassler noch persönlich bekannt, ist aktuellen Generationen nur mehr über den gleichnamigen Sportschuh ein Begriff. Sein Buch trägt den Titel "Some People Think I am a Shoe" ("Manche Leute glauben, ich bin ein Schuh"). Heute sind es Schuhmodelle wie "Samba" oder "Gazelle", die die Mode weit über den Sport hinaus mitprägen.
Das aktuelle Management um den vom Konkurrenten Puma geholten Vorstandschef Bjørn Gulden profitiert vom schier unerschöpflichen Adidas-Archiv. Dafür sind auch die Probleme des Tagesgeschäftes im Zuge der Globalisierung und des weltweiten Wachstums viel komplexer geworden, als noch bei Firmengründer Dassler. Falsche Entscheidungen während der Corona-Pandemie, schwankende Märkte etwa in China oder Probleme mit fragwürdigen Markenbotschaftern wie dem Rapper Kanye West bescherten Adidas zuletzt Schwierigkeiten.
2023 stand erstmals seit 1992 unter dem Strich wieder ein Verlust zu Buche. In der damaligen Phase, in den 1980er Jahren, stand der Konzern sogar einmal kurz vor dem Ruin. Die Gründer-Witwe Käthe Dassler und ihr Sohn Horst waren kurz hintereinander gestorben, das Unternehmen war in fremden aber nicht immer guten Händen. Erst als der Franzose Robert Louis-Dreyfus das Unternehmen 1995 an die Börse brachte, ging es wieder stetig bergauf.
Zuletzt erwies sich auch der Deutsche Fußball-Bund als Enttäuschung. Obwohl die Nationalmannschaft auf dem "Home Ground" in Herzogenaurach noch ihr EM-Quartier bezog und Spieler wie Manuel Neuer mit Tausenden Adidas-Mitarbeitern noch im Juni das Jubiläum vorfeierten, folgte der DFB dem Lockruf der US-Dollars und heuerte beim Branchenprimus Nike als Ausrüster an - eine jahrzehntelange Verbindung wird damit zu Ende gehen.
Konzernchef Gulden - vom "Manager Magazin" wegen seiner oft hemdsärmeligen, in der Sportwelt aber geschätzten Art als "Bolzplatz-CEO" bezeichnet - will auch aufgrund solcher Erfahrungen künftig die Strategie seines Vorgängers Kasper Rorsted über den Haufen werfen. Statt vermehrt auf populäre Sportarten wie Fußball, Laufen oder Basketball zu setzen, will der frühere Fußball-Profi wieder mehr den vermeintlich kleineren Sportarten Raum geben, darunter neue olympische Trendsportarten wie Breaking oder BMX.
Adidas rüstete bei den zurückliegenden Spielen von Paris zehn Olympia-Teams aus - es könnten und sollen künftig mehr werden. Mit dem Deutschen Olympischen Sportbund wurde ein Kontrakt bis 2032 unterschrieben. An den Deutschen Hockey-Bund hat sich der Ausrüster ebenfalls längerfristig gebunden.