Abschied Schmalkalder Professor ließ es richtig krachen

Annett Recknagel

Zu seiner letzten physikalischen Weihnachtsvorlesung ließ es Hochschul-Professor Udo Behn noch einmal so richtig krachen.

 
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Er hätte glatt als Dr. Honigtau Bunsenbrenner aus dem Muppetlabor durchgehen können. Aber er ist nun mal Udo Behn. „Stellen Sie sich einen Physiker vor – mich zum Beispiel“, begrüßte er sein Publikum und sprach von seiner Spezies als leicht verwirrt, etwas neben der Mütze stehend. Doch Halt. So ein Physiker kann freilich sehr gut improvisieren. Und wenn am 24. Dezember um 17 Uhr Weihnachtsbaum, Beleuchtung, Dekoration und so was alles fehlen, dann kommt sein Erfindergeist zum Vorschein.

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Wie das aussieht, war in seiner physikalischen Weihnachtsvorlesung zu erfahren. Es war die letzte dieser Art. Denn Udo Behn geht Ende März in den Ruhestand. Ein lautes „Ooooch“ der Anwesenden war nach Verkündigung dieser Botschaft zu hören. „Damit hatte ich gerechnet“, meinte Behn und forderte die Zuhörer zum Trinken auf. Vorausschauend hatte er auf jedem Platz einen „Kleinen Feigling“ deponiert. Von der Behn GmbH, mit der er weder verwandt noch verschwägert ist. „Na dann mal Prost“, lautete die Ansage und das „Best of“ der physikalischen Weihnachtsvorlesungen konnte starten.

Zu Beginn stand das amerikanische Weihnachtsmannmodell im Mittelpunkt. Dazu gehört ein fliegender Schlitten. Allerdings wurden physikalisch betrachtet noch nie fliegende Rentiere gesichtet. Für Udo Behn Anreiz genug, einen Prototypen in Sachen Fortbewegung für den Weihnachtsmann zu schaffen. Ganz ohne Lithium, Kobalt und Mangan. „Ein sauberes Fahrzeug“, versprach Behn den Anwesenden und dann begann es zu Zischen und zu Krachen. Ohrenbetäubend. Aber es funktioniert. Behn kam im Weihnachtsmannmobil hereingedüst.

Und weil der Rabatz so schön war, ging es mit Rumms weiter. Flüssiger Stickstoff – „wir haben genug von dem Zeug“ – war das Wundermittel. Ab damit in eine Aldi-PET-Flasche. Deckel drauf (was man nicht machen sollte) und rein damit in einen Kupferbehälter. Jetzt hieß es: Flinke Füße und schon schepperte es abermals.

Flüssiger Stickstoff schien das Lieblingselixier des Professors zu sein. Justament baute er eine Kanone, die eher einem Böller glich, mit dem er schlafende Studenten wecken konnte. Und für Luftballons-to-go war dieses Mittelchen auch geeignet. Selbst der Präsident der Hochschule, Gundolf Baier, hatte an den bunten Elementen seine Freude.

Wer glaubt die Vorlesung sei nur Jux und Tollerei gewesen, der irrt gewaltig. Udo Behn erklärte jedes noch so kleine Experiment mit zentimeterlangen physikalischen Formeln und Fachausdrücken, dass den Anwesenden die Köpfe schwirrten. Immerhin hat er einen Bildungsauftrag und den wurde er auch kurz vor dem Fest gerecht. Das Beste aber kam ja noch. Denn: Wie schon gesagt, sind Physiker recht verwirrt, aber eben auch genial. Und natürlich erfinderisch.

Was also tun, wenn am 24. Dezember um 17 Uhr noch kein Weihnachtsbaum da ist, die Beleuchtung und die Dekoration fehlen? Kein Problem: Jeder Physiker hat zum Glück irgendwo im Keller einen Van-de-Graaf-Generator geparkt. Ein leerer Bierkasten und die Schwiegermutter dürften auch nicht so schwer aufzutreiben sein. Mehr braucht man gar nicht für einen Weihnachtsbaum. Wenn der Generator dann nach XL-Ausmaße hat, ist das Fest gerettet.

Fehlt noch das obligatorische Glas Gurken, was jeder Physiker in seinem Kühlschrank haben dürfte, und schon klappt das auch mit der Beleuchtung. Leuchtgurken heißt die Lösung. Das entsprechende Experiment und die berühmte zentimeterlange Formel dazu folgten. Was aber ist jetzt mit den Schwippbögen? Das Rubens´sche Flammenrohr und die stehenden Wellen schaffen Abhilfe. AC/DC lieferte mit „Highway to Hell“ den rockenden Aspekt. Fehlen noch Dart Vader und seine tiefe Stimme. Dank Schwefelhexafluorid kein Problem. Um das schwere Gas wieder aus seiner Lunge zu bekommen, folgte der obligatorische Handstand und jede Menge Applaus. Das Publikum tobte.

Die Frage, ob der Feuertornado als Unterhaltungsprogramm zu Weihnachten noch gesehen werden wollte, erwies sich als überflüssig. Glücklicherweise waren die Brandmelder ausgeschaltet, sonst wäre mit den Floriansjüngern zu rechnen gewesen. Die Feuersäule entzückte alle. Ebenso der um die Ecke pinkelnde Weihnachtsmann, die Rauchringkanone und der Tischtennisball, mit dem es Udo Behn gelang, vier Kerzen auf einmal auszublasen. Natürlich auf eine entsprechende Distanz und mit viel Wumms. Und dann war es vorbei – das physikalische Spektakel mit Unterhaltungseffekt. G

Geklopfe und Getrampel in den Bankreihen. „Das ist schon was einzigartiges“, betonte der Dekan der Fakultät Maschinenbau, Robert Pietzsch und zollte Udo Behn seinen Respekt. Zudem bescheinigte er ihm artistische Fähigkeiten, schauspielerisches Talent und viel Beharrlichkeit. Man werde Versuchen, die Show auch nach seiner Zeit in seinem Sinne fortzuführen. Ein großes Dankeschön ging an Sabine Wahrenberg, die Assistentin, die er tüchtig herum gescheucht hatte. Auch die Werkstatt, die die technischen Gerätschaften, die in der Vorlesung zu waren, gebaut hat, bekam ein Extralob.