50. Rennsteiglauf Unter dem Radar der Touristiker

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Rennsteiglaufpräsident Jürgen Lange mit Hans-Georg Kremer und Gunda Kremer im Ziel der Marathon-Wanderung in Schmiedefeld. Foto: Gerhard König

Kaum ein anderer Läufer ist mit dem GutsMuths-Rennsteiglauf so verwachsen wie Hans-Georg Kremer aus Jena, der in einem Buch die Gründungsgeschichte des Rennsteiglaufes dokumentiert hat. Er sieht noch viel Potenzial, um den Lauf bekannter zu machen und den Tourismus von diesem Großereignis besser profitieren zu lassen.

 
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Im Schatten der Oberhofer Rodel- und Biathlon-WM 2023, für die im Vorfeld viele Millionen in Infrastruktur, Werbung und anderes investiert wurden, bereiten sich die Organisatoren des GutsMuths-Rennsteiglaufs auf ihr großes Jubiläum vor. Am 13. Mai 2023 findet der 50. GutsMuths-Rennsteiglauf statt. Es ist die größte und älteste Breitensportveranstaltung Thüringens, die bisher weit über eine halbe Millionen Läuferinnen und Läufer, Nordic-Walker und Wanderer in den Thüringer Wald gezogen hat. Dazu kamen noch mal mindestens die doppelte Zahl an Zuschauern, Betreuern und Familienangehörigen.

Zwar sind die Anmeldezahlen zum 50. GutsMuths-Rennsteiglauf 2023 auf sehr gutem Weg, aber möglicherweise droht zum 51. ein stärkerer Einbruch. Besonders die Traditionsläuferinnen und -läufer, die schon mindestens 25-mal dabei waren, haben inzwischen einen Altersdurchschnitt erreicht, bei dem man nicht davon ausgehen kann, dass sie auch zukünftig immer wieder zum Rennsteiglauf kommen oder kommen können.

Andererseits sind es gerade die „Dauermitläufer“, die die besten Werber für den Rennsteiglauf sind. Im Freundes- und Familienkreisen wird für den Lauf geworben und werden auch immer neue Starter gewonnen. In einer Familienstatistik von 2015 konnten über 50 Familien erfasst werden, die zusammen 174 Familienangehörige mit 3300 Rennsteigläufen aufwiesen. Spitzenreiter war damals Jürgen Hedicke aus Halle, aus dessen Familie über drei Generationen 14 Personen 213 Mal bei Rennsteigläufen an den Start gegangen sind. Nach der neuesten Meldung vom November 2022 liegt der Familienverband-Hedicke inzwischen bei über 300 Rennsteiglaufteilnahmen.

Hier gibt es auch noch für den Rennsteiglaufverein wertvolles Potenzial, indem man solche Besonderheiten stärker in die Öffentlichkeitsarbeit einbezieht. Auch ist die Nutzung der über 50 Namenträger „Gutsmuths“ bzw. der direkten Nachfahren des Namenspatrons des Laufs, die in Deutschland leben, ein „ungehobener“ Schatz. Bereits 1975 tauchte mit Gerd Gutsmuths erstmals ein Verwandter des Namensgebers als Starter auf. 1996 war es zum Beispiel gelungen, über 30 Namenträger nach Schnepfenthal einzuladen, die zum großen Teil dann beim Rennsteiglauf mitgewandert sind. Gwendolin Gutsmuths hat inzwischen 31 Rennsteiglaufteilnahmen auf ihrem Konto.

Einer der Hauptkritikpunkte, nicht nur in Vorbereitung auf den 50. GutsMuths-Rennsteiglauf, war die fehlende Unterstützung durch die Vereine und Verbände, die sich mit dem Thüringer Tourismus und seiner Vermarktung beschäftigen. „Das verwundert insofern, da doch nach unterschiedlichen Berechnungen der GutsMuths-Rennsteiglauf jährlich zu einer Wertschöpfung und Werbung zwischen fünf und zehn Millionen Euro für Thüringen führt. Auf 30 Jahre hochgerechnet, ergibt dies ein ansehnliches Sümmchen von mindestens 150 Millionen“, hat Rennsteiglauf-Urgestein Hans-Georg Kremer ausgerechnet. „Allein die Zahl der jährlich erscheinenden Zeitungsartikel zum Rennsteiglauf, den Fernsehbeiträgen leider fast nur im MDR, Zeitschriftenartikel, Büchern und Auftritten in den neuen Medien sind von unschätzbarem Wert. In über 300 Büchern und Fachzeitschriftenartikeln geht es um den Rennsteiglauf, sowie über 7000 Artikel in Tageszeitungen konnten bisher in einer Bibliografie erfasst werden“, so Kremer.

Neben dem GutsMuths-Rennsteiglauf organisiert der Verein noch weitere Lauf-, Wander- und Radsportevents, wovon der Rennsteig-Staffellauf sicher die spektakulärste Veranstaltung ist. Besondere Nutznießer sind die Hotels und Gaststätten im Umfeld der Start- und Zielorte. „Einige haben dies lange erkannt und erhöhen schon mal für das Rennsteiglaufwochenende ihre Preise oder bieten nur noch Übernachtungspakete von mehreren Tagen an. Ein Rücklauf an die Organisatoren ist bisher kaum festzustellen. Ja nicht mal ein Großteil der Fremdenverkehrsämter in vielen Ortschaften der Rennsteigregion werben für den Rennsteiglauf! Ausschreibungen für den Lauf sucht man vergeblich. Auf einschlägigen Homepages der Tourismusbranche muss man lange suchen, um überhaupt den Rennsteiglauf zu finden. Auch der Landessportbund bekleckert sich hier nicht mit Ruhm“, beklagt Kremer.

Durch Werbung in den Fremdenverkehrsämtern in der Region, ja eigentlich in ganz Thüringen könnte man seiner Ansicht nach sicher den einen oder anderen „Neustarter“ gewinnen. „Wichtiger wären aber spezielle ,Pakete’ mit Anreise, Übernachtungen, Transfer zu den Start- und Zielorten, zu den legendären Rennsteiglauf-Partys, was helfen könnte, um ,Neulinge’ besonders aus dem Ausland, die etwas aufwendige Logistik für eine Teilnahme zu erleichtern.“

Was die Werbung von ausländischen Teilnehmer bzw. Interessenten angehe, sei das Feld eher unbestellt. Galt der Rennsteiglauf doch mal als größter Crosslauf Europas und hatte in Verbindung mit dem legendären „100km von Biel“ eine Europacupwertung ins Leben gerufen, die zumindest unter Ultra-Läufern auf einen Interessentenkreis stieß. „Dieser Werbefaktor ist seit Jahren sanft entschlummert. Die Teilnehmerzahlen beim Rennsteiglauf aus dem Ausland, die auch in der Vergangenheit über 300 lagen, sind eher bescheiden“, stellt Kremer fest.

Die Ausschöpfung des vorhandenen Tourismuspotenzials kann aber nicht Aufgabe des GutsMuths-Rennsteiglaufvereins sein. Der Verein und sein neu gewähltes und verjüngtes 16-köpfiges Präsidium hat genügend organisatorische Aufgaben für die kommende dreijährige Amtszeit zu bewältigen.

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