32 Jahre Einheit? Osten hinkt bei Rente noch immer hinterher

Es gibt auch noch symbolische Grenzen, wie hier am Bayern-Stand zum Bürgerfest in der Erfurter Innenstadt. Foto: Michael Reichel

Große Feiern zum Tag der Deutschen Einheit – doch auch nach 32 Jahren zeigt die Bilanz immer noch große Unterschiede, insbesondere bei der Rente.

 
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Mehr als drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung treten Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland wieder deutlich zutage: Vor diesem Hintergrund ist bei den Feiern zum Tag der Deutschen Einheit in Erfurt mehr Zusammenhalt in Deutschland gefordert worden. Zum zweiten Mal nach 1990 war Thüringen in diesem Jahr der Ausrichter der bundesweiten Feiern.

Ministerpräsident Bodo Ramelow – zugleich Präsident des Bundesrats – appellierte beim Festakt in Erfurt an die Gemeinsamkeiten der Deutschen, trotz bestehender Probleme beispielsweise durch Lohnunterschiede. Man könne die Gräben aber nur überwinden, wenn man sie klar anspreche, sagte der Linke-Politiker.

Ein deutlicher Unterschied zeigt sich etwa bei der Rente. So erhielten beispielsweise besonders langjährig versicherte Rentnerinnen und Rentner – also nach 45 Beitragsjahren – im Jahr 2021 in Ostdeutschland durchschnittlich 1329 Euro, in Westdeutschland dagegen 1527 Euro. Diese Zahlen stammen aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Sören Pellmann. Diese Zahlen beziehen sich auf den direkten Vergleich bei 45 Versicherungsjahren – tatsächlich dürften die Unterschiede noch größer sein, da viele Menschen im Osten mehr Versicherungsjahre als diejenigen im Westen haben – insbesondere berufstätige Frauen. Eine Ursache sind niedrigere Löhne, nach denen sich die Bewertung richtet, wie viele Rentenpunkte erworben werden. Pellman erklärte , von einer Renteneinheit könne keine Rede sein. Hier spürten die Menschen eine „Missachtung der Lebensleistung der Ostdeutschen, sagte der Leipziger Abgeordnete.

Im Zusammenhang mit den Einheits-Feiern hatten verschiedene Politiker, aber auch Vertreter aus Wirtschaft und Kirchen davor gewarnt, dass sich die Brüche innerhalb Deutschlands durch die aktuellen Krisen wie die Corona-Pandemie, Energieknappheit und den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine noch verschärfen könnten. So sagte etwa Thüringens CDU-Fraktionschef Mario Voigt, „gerade die Generation der friedlichen Revolution ist im Begriff, ihren hart erarbeiteten Wohlstand durch die Preissteigerung zu verlieren“.

Die Krisen böten aber auch die Chance, enger zueinander zu kommen – wenn es ein Miteinander auf Augenhöhe gebe, sagte Ramelow. „Wir müssen und wir werden uns gemeinsam verändern, damit wir auf diese Weise weiter zusammenwachsen“, sagte Er. Die Einheitsfeiern waren in diesem Jahr unter das Motto „zusammen wachsen – zusammenwachsen“ gestellt. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der nicht nach Erfurt gereist war, hatte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) erklärt, es müssten unterschiedliche Sichtweisen in Ost und West akzeptiert werden, auch zum Krieg in der Ukraine. „Dieser Krieg wird ein Einschnitt sein, der als ein gemeinsames bitteres Erlebnis in das kollektive Gedächtnis der Deutschen eingehen wird.

Im ökumenischen Gottesdienst im Erfurter Dom vor dem Festakt in Erfurt rief der Südthüringer Unternehmer und FDP-Bundestagsabgeordnete Geral Ullrich die Politik dazu auf, nach richtigen Lösungen zu suchen und nicht danach, was im Moment den größten Zuspruch bei den Wählern verspreche.

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