135. Geburtstag Begnadeter Künstler Döll war einer der ersten Toten

Gerd Manig
Oskar Döll (links) mit Pickelhaube, Säbel und Uniform vermutlich bei der Einberufung zum Ersten Weltkrieg. Foto: Repro: Archiv-Manig

Ein kurzes, aber  schaffensreiches Leben – so muss man einen Nachruf zum 135. Geburtstag von Oskar Döll formulieren.

 
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Suhl - Denn der am 31. März 1886 als Sohn des Graveurmeisters und Stahlschneiders Georg Wilhelm Döll in Suhl geborene begnadete Künstler war einer der ersten Toten des Ersten Weltkrieges. Er starb mit gerade einmal 28 Jahren an der Westfront in Fontenoy bei Paris.

Das kleine Wohnhaus war in der Mühltorstraße III/94e  – später Nr. 21  – und stand neben der ehemaligen Schlosserei Dähn. Heute müsste man es an der Rückseite der Hochhäuser an der Friedrich-König-Straße suchen. Nach den bisher veröffentlichten Biografien erhielt er bei seinem Vater die erste Ausbildung. In meinem Archiv fand ich aber einen Brief von Oskar Döll, in dem er am 14. Januar 1899 eine Bewerbung als Lehrling an den Graveur B. Schweitzer in Nürnberg richtete, den ich wörtlich zitiere:
„Sehr geehrter Herr! Auf Ihre werte Annonce in der Berliner Abendpost erlaube ich mir die Anfrage, ob ich Ostern als Lehrling bei ihnen eintreten kann. Meine Eltern wünschen, dass ich mich in einer anderen Stadt ausbilden soll. Es wäre mir angenehm, wenn ich in Ihrem Beruf tätig sein könnte. Ich bin geboren am 31. März 1886 und evangelischer Konfession, besuche seit Ostern 1892 die hiesige Knaben-Bürgerschule und sitze jetzt in Klasse 1 b. Auf Wunsch würde ich Ihnen auch meine Schulzeugnisse senden. Um baldgefällige Antwort bittet Ihr ergebenster Oskar Döll.“

Es ist aber anzunehmen, dass er die Lehre in Nürnberg nicht absolviert hatte, weil er nachweislich bei der Handwerkskammer in Erfurt seine Gesellenprüfung ablegte. Die Zeit in Suhl nutzte er ausgiebig, indem er zusätzlich die Möglichkeit der sonntägigen Zeichenstunden des Graveurs Theodor Meinhardt an der Mühltorschule wahrnahm. Für kurze Zeit arbeitete er beim Graveur Hugo Kolb in der Judithstraße 41. Dies befriedigte ihn in seinem Drang nach mehr künstlerischer Arbeit nicht. So suchte er ab 1903 die Wege zu den Kunstschulen in München und Breslau. Der Bildhauer Ignatius Taschner erkannte sein großes Talent. Er schloss in allen Fächern mit „Sehr gut“ ab, was ihm, vermittelt durch Taschner, erste lukrative Aufträge im In- und Ausland einbrachte. Im Wintersemester 1907/08 begann er ein mehrjähriges Studium an der Kunstakademie Dresden und wurde als Meisterschüler von Prof. Georg Wrba besonders an die Bildhauerei herangeführt.

Die Schaffenszeit als freier Künstler brachte ihm Anerkennung mit Aufträgen von großen Brunnen-, Bauplastiken und Porträtbüsten ein.  Seine Vielseitigkeit drückte sich auch in der Fertigung von Schmuckstücken, Prägestempeln für Gedenkmedaillen und Siegeln aus. Aus dieser Zeit besitze ich auch einen Siegelabdruck, den er vermutlich für eine Faschingsveranstaltung schuf.

Auch seine Künstlerfreundschaft mit dem Suhler Alexander Gerbig zahlte sich für Oskar Döll  in gemeinsamen Künstlerreisen aus. Auf einer Vielzahl von Postkarten schildert er die Eindrücke. Anerkennung für seine künstlerischen Arbeiten wurden bei Ausstellungen in Dresden mit der großen Silber- und kleinen Goldmedaille belohnt. In seinem Wirken machte es ihm auch viel Spaß, Briefe und Postkarten mit Illustrationen zu versehen. Besonders hatten es ihm selbstgestaltete Glückwunschkarten angetan.

Auch als Medailleur fand er  große Anerkennung,  indem er den Wettbewerb für eine Erinnerungsmedaille zur Einweihung des „Neuen Dresdner Rathauses“ gewann. Am 5. Juli 1910 schrieb er seinem Freund Gerbig folgende Zeilen: „Habe die Konkurrenz gewonnen, die vom Rat zu Dresden ausgeschrieben war... Erster Preis; Großartig. Nun braucht man wenigstens mal wieder 14 Tage keine „geronn Melch on droke Brot esse“ zum Mittag. Diese kleine Anekdote zeigt, wie Oskar Döll, trotz des Ruhmes, zum Teil auch ärmlich lebte. Die Rathaus-Medaille fand Anerkennung über die Grenzen der Stadt hinaus, was ihm einige Medaillenaufträge einbrachte.

Ein Werkverzeichnis seines Schaffens vollständig aufzulisten, scheint fast unmöglich. So ist auch der „Antike Krieger“ von Dippoldiswalde eingeschmolzen, aber der Zweitguss steht heute noch in unserer Stadt auf dem Friedhof. Schon mit Ausbruch des Ersten  Weltkrieges wurde er  am 2. August 1914 eingezogen. Leider wollte es das Schicksal, dass der 28-Jährige bei einer Spähtrupp-Aktion vor Paris schon am 20. September 1914 fiel. Für sein eigentliches künstlerisches Schaffen blieben Oskar Döll ganze sechs Jahre. Trotz der Kürze der Zeit hinterließ er eine breite Vielfalt eindrucksvoller Werke.  Wolfgang Knop schrieb einmal treffend über das einzigartige künstlerische Schaffen von Oskar Döll: „Für die junge Kunst ist sein Tod ein unersetzlicher Verlust ... Wie wahr! Aber es sollte nicht bei diesem Verlust bleiben. Die Ironie des harten Schicksals wollte es so, dass der Erste  Weltkrieg den Künstler dahinraffte und der Zweite Weltkrieg seine Werke. Bei den verheerenden  Bombenangriffen, besonders auf Dresden, lag auch ein großer Teil seiner Kunst in Schutt und Asche.“

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