Mobilität und Energie Energiesparen durch Vernetzung

Von Christine Wild

Unternehmer Matthias Gemeinhardt spricht über den Wunsch der Bürger nach autarker Versorgung. Und er weiß, wie Verbraucher mit relativ einfachen Mitteln ihren Verbrauch reduzieren können.

 
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Oberkotzau - Seit mehr als 30 Jahren beschäftigt sich die Firma Gemeinhardt AG (Heizung, Solar, Bad) in Oberkotzau mit erneuerbaren Energien. Sie war es auch, die eine der ersten Wärmepumpen in Bayern eingebaut hat. Heute gehört das Unternehmen, das Matthias Gemeinhardt in zweiter Generation führt, zu den regionalen Marktführern auf dem Feld der erneuerbaren Energien. Im Gespräch mit unserer Zeitung verrät der erfahrene Fachmann, der sowohl in seinem Unternehmen als auch bei der Volkshochschule immer wieder Vorträge zu Energie-Themen hält, wie die aktuellen Trends zum Thema Heizen und Energiesparen aussehen.

"Unsere heutige Welt hat viele Probleme - und jeden Tag werden es gefühlt mehr. Krankheiten, Armut, Kriege um Rohstoffe, Energie und Wasser und immer größere Flüchtlingsströme durch ganze Kontinente lassen keine verlässliche oder planbare Politik mehr erkennen. Auch beim Thema Heizen und Mobilität werden treffsichere Prognosen von Jahr zu Jahr schwieriger", analysiert Gemeinhardt. Die europäischen Gasvorräte neigten sich dem Ende und Öl verliere jedes Jahr weiter an Bedeutung. Schon jetzt würden weniger als zwei Prozent der Neubauten noch mit Ölheizungen ausgestattet. "Der große grundsätzliche Trend ist, möglichst autark zu werden, was die Energieversorgung betrifft", stellt der Unternehmer fest. Frei von allen Verwirrungen und Preisentwicklungen strebe der Verbraucher nach Unabhängigkeit von den Energie-Konzernen. Beispielhaft für diesen Trend sei das von Gemeinhardt weiterentwickelte "Sonnenhaus Plus": ein Haus, das mittels eigener Solarwärme- und Stromerzeugungsquellen mehr Energie produziert, als es selbst verbraucht. "Das ist aber noch ein Leuchtturm - der Idealfall, den die wenigsten für sich verwirklichen", weiß Gemeinhardt.

Doch führt der Wunsch nach Energie-Autarkie auch zu kleineren Trends, die viele Verbraucher heute schon umsetzen. "Dabei spricht man seit einigen Jahren vom ,Cocooning' - abgeleitet vom Kokon, in den sich die Raupe verpuppt, bevor sie zum Schmetterling wird: Viele Menschen versuchen, sich eine möglichst hohe Lebensqualität in ihrem Eigenheim zu schaffen - und zwar nicht, indem sie sich einschränken, was den Energieverbrauch betrifft, sondern indem sie auf erneuerbare Energien und Unabhängigkeit von den Energieversorgern setzen."

Ein großes Thema ist dabei die Energiespeicherung. Während in den Anfangsjahren von Photovoltaik-Stromerzeugung noch die hohen Einspeisungsvergütungen Anreiz für diese Investition waren, lohnt sich Photovoltaik heute nur, wenn man möglichst viel der erzeugten Energie selbst verbraucht. Es gibt mittlerweile wesentlich bessere und günstigere Speichermöglichkeiten als früher - zum einen in Form von Wärme in Wasserspeichern, zum anderen in Form von Strom in Batteriespeichern. Während Photovoltaik-Anlagen ohne Speicher einen Autarkie-Grad von 30 Prozent haben (das heißt, 30 Prozent der erzeugten Energie werden selbst verbraucht), erreicht man mit Anlagen mit Speicher einen Wert von 70 bis 80 Prozent. "Diese Möglichkeiten machen es für Bauherren attraktiv, Solartechnik, Holzheizung und Pufferspeicher individuell zu kombinieren und so möglichst viel der selbst erzeugten Energie im eigenen Haus zu nutzen", berichtet Gemeinhardt. Dabei werden oft auch Holz- und Pelletheizungen parallel beziehungsweise mit automatischer Umschaltung betrieben. Auf diese Weise kann man mit Holz schüren, wenn man Zeit hat, und wenn nicht, greift das Heizsystem automatisch auf Pellets zurück.

Um die selbst erzeugte Energie optimal zu nutzen, gibt es einen zweiten großen Trend: "Smarthome". Geschirrspüler, Trockner, Waschmaschine und ähnliche Geräte werden miteinander vernetzt und gehen in Anhängigkeit zu optimalen Bedingungen der Photovoltaik-Anlage automatisch in Betrieb. "Dadurch kann man die Verbräuche in die Zeit verlagern, in der man Eigenstrom hat", erklärt Gemeinhardt. Über das "Smarthome"-Netz lassen sich auch viele Funktionen steuern, wie zum Beispiel Rollos und Steckdosen, oder man nutzt die Funktion "Zentral aus" beim Verlassen des Hauses und dämmt somit auch den Standby-Betrieb vieler Geräte ein. "Man macht es dadurch dem Hausbewohner möglichst einfach, Energie zu sparen, weshalb man damit auch auf große Resonanz beim Verbraucher stößt", sagt Gemeinhardt. Außerdem gibt es viele kleine Möglichkeiten, Energie zu sparen, die im Trend liegen: Brauchwasser-Zirkulationspumpen, die mittels Bewegungsmelder nur dann arbeiten, wenn jemand zu Hause ist beziehungsweise die Hausbewohner wach sind; die Energieeffizienzklassen neuer Geräte sind plakativ zu erkennen und werden wesentlich stärker vom Verbraucher wahrgenommen und beachtet als früher; Solartrockner ermöglichen es, Wärme direkt aus der Solaranlage zum Trocknen zu nutzen; LED-Leuchten werden zum Standard.

Auch die Umrüstung der Heizungs-Umwälzpumpe, einer der größten Energieverbraucher im Haus, auf eine elektronische Pumpe spart Energie - ebenso wie ein Vorschaltgerät an der Waschmaschine, das es ermöglicht, warmes Wasser für die Waschmaschine zu nutzen. "Da passiert viel im Kleinen, aber durch die Kombination verschiedener Maßnahmen kann man einiges an Energie einsparen. Wenn man sich dafür interessiert und sich informiert, lässt sich viel machen", resümiert Gemeinhardt.

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