Die Testphase habe gezeigt, dass das System funktioniert, sagt Helbing. Allerdings räumt er ein, dass die Alternativrouten in Erfurt dünn gesät sind. Trotzdem sieht er in dem Projekt einen Erfolg. Schließlich richtet sich das Angebot an alle Autofahrer. Und letztlich könne von den Informationen die Stadt und damit auch die Umwelt profitieren. Sie fragt die App auch Umweltdaten ab. Ist in Erfurt ohnehin schon dicke Luft, dann schlägt sie vor, lieber mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt zu fahren statt mit einem Auto mit Verbrennungsmotor.
Gerade bei den Themen Luftqualität und Feinstaub sieht Helbing einen großen Nutzen in den Ergebnisse der Projektarbeit. "Wir müssen auf solche Lösungen zurückgreifen, denn die übrigen Maßnahmen zur Beeinflussung der Luftqualität sind ziemlich ausgereizt", sagt der Verkehrsexperte. Klar, Erfurt hat eine Umweltzone, die anfangs heftig umstritten war. Nur Autos mit grüner Umweltplakette dürfen in die Innenstadt. Doch viele Fahrzeuge werden dadurch nicht mehr ausgesperrt, berichtet Helbing. 100 000 Autos gebe es im Erfurter Stadtgebiet, davon hätten lediglich 4000 keine grüne Umweltplakette und nur 2000 hätten eine Ausnahmegenehmigung. Will die Stadt also die Luftqualität verbessern, dann muss sie handeln. Zum Beispiel, indem sie Autofahrer zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel bewegt. Oder aber in den Verkehr eingreift. Helbing verrät, dass schon heute bei bestimmten Wetterlagen der Verkehrsfluss gesteuert werde. "Wenn die Luftqualität in der Stadt schlecht ist, dann wollen wir den Stau lieber außerhalb der Stadt haben, dort, wo die Abgase besser wegwehen können."
Das geschieht im Idealfall genauso automatisch wie die Ampelschaltung in Extremsituationen. Wenn zum Beispiel der Autobahnring rund um Erfurt wegen eines Unfalls gesperrt und der Verkehr durch die Stadt umgeleitet wird. "Wir werden von der Autobahnpolizei selten informiert, wenn so etwas passiert, außerdem ist unsere Leitstelle nicht rund um die Uhr besetzt", sagt Helbing. Also greift der Computer ein. Wenn die Daten aus den Sensoren den Schluss zulassen, dass die Autobahn gesperrt ist, dann werden die Ampeln auf den Umleitungsstrecken im Idealfall auf grüne Welle geschaltet. Autofahrer bekommen davon kaum etwas mit, wundern sich vielleicht darüber, dass sie länger an einer Ampel warten müssen, wenn sie nicht auf der Umleitung unterwegs sind. Auch Fußgänger müssen dann mitunter länger an der Ampel warten. Das Ziel ist einfach: Der Verkehr soll fließen, denn nur auf grünen Wegen kommen alle Verkehrsteilnehmer schnell ans Ziel.