Abgesehen vom günstigen Sonnenstrom ist der Hotzenblitz aber kein ausgesprochenes "Sparschwein". Nicht nur seine Anschaffung war teuer, auch die Blei-Gel-Akkus müssen etwa alle fünf Jahre ersetzt werden. Und deren Preis hat sich im Laufe der Zeit verdoppelt. Beim letzten Austausch vor gut vier Jahren waren dafür fast 2000 Euro fällig geworden. Hinzu kamen der Ersatz des Steuergerätes und des eingebauten Ladegerätes. Die Bilanz der Ärztin fällt nach 42 000 gefahrenen Kilometern aber positiv aus - obwohl der Verbrauch mit bis zu 24 Kilowattstunden auf 100 Kilometer doppelt so hoch ist, wie einst im Prospekt versprochen. Auch die Reichweite beträgt statt 70 Kilometern real nur gut 50. "Ich bin am Tag aber nie mehr als 25 bis 30 Kilometer unterwegs. Da ist die Reserve groß genug."
Nicht nur, dass Gudrun Kautz eines der sehr seltenen - in Deutschland gibt es nur noch rund 40 Hotzenblitz-Automobile - fährt, sie gehört nach 15 Jahren zu den erfahrensten E-Auto-Lenkern der Region. Sie daher vom Hotzenblitz, sozusagen dem Pionier der jüngeren Elektro-Mobilitäts-Geschichte, in ein modernes Elektroauto wie den BMW i3 umsteigen zu lassen, verspricht eine gewisse Spannung. Mit Hilfe des Meininger BMW-Autohauses Matthes, wo auch die i-Modelle mit dem eDrive-Antrieb verkauft werden, gelang es, ein solches Aufeinandertreffen zu organisieren. Bei diesem zeigte sich eines ganz deutlich: Wenngleich der Hotzenblitz vor 25 Jahren technisch seiner Zeit deutlich voraus war, scheint der aktuelle i3 einer anderen Welt zu entstammen.
Prinzip Nachhaltigkeit
Der Saubermann von BMW ist nach dem Hotzenblitz das erste in Deutschland ausschließlich als Elektrofahrzeug entwickelte und in Serie produzierte Auto. Dabei war und ist Nachhaltigkeit oberstes Prinzip. Der vollelektrische i3 ist nicht nur emissionsfrei unterwegs, für seine Produktion werden ebenso regenerative Quellen genutzt. Die Herstellung der Karbon-Fasern für die Fahrgastzelle erfolgt mit Wasserkraft, das Werk in Leipzig wird ausschließlich mit Wind-Strom versorgt. Nachwachsende oder wiederverwertbare Rohstoffe sind im Innenraum sicht- und fühlbar. Mit einem DIN-Gewicht von 1195 Kilogramm, inklusive der Hochvolt-Batterie, gehört der i3 zu den leichtesten E-Autos seiner Klasse. In Kombination mit einem 170 PS starken E-Motor ergeben sich Fahrleistungen, die auch bei Testerin Gudrun Kautz für Erstaunen sorgen.
Wahrer Stadtflitzer
Nach einer kurzen Einweisung öffnet sie die große Fahrertür und nimmt hinter dem Lenkrad des i3 Platz. Der "spacige" Arbeitsplatz mit zwei Monitoren, Fahr-Wählschalter am Lenkrad und dem fehlenden Kupplungspedal kommt ihr so unbekannt nicht vor. Natürlich kennt der Hotzenblitz noch keine Flatscreens, wie der i3 sie hat, doch lassen sich Daten wie die Batterie-Ladung über ein Display abrufen, wird per Kippschalter vorwärts oder rückwärts gefahren, schweben Lenkrad und Armaturenträger hinter der riesigen Frontscheibe.
Der eigentliche Unterschied zwischen den beiden Autos wird mit dem ersten leichten Druck auf das "Gas"-Pedal deutlich. Rollt der Hotzenblitz behäbig los, schießt der i3 einem Sportwagen gleich nach vorn - quasi ein Sprung, ein Quantensprung. In nur 3,7 Sekunden sind 60 km/h erreicht. Das Wort Stadtflitzer bekommt hier eine neue Bedeutung. Auf der Landstraße sind die 100 km/h in nur 7,2 Sekunden erreicht - so manches "normale" Auto sieht beim Losfahren daher nur die LED-Rückleuchten des i3 entrücken ...
Von dieser Dynamik überrascht, nimmt Gudrun Kautz den Fuß vom Fahrpedal - und schon verzögert der E-BMW. Ganz ohne die Bremse betätigt zu haben. Rekuperation heißt das Zauberwort. Der Motor wird dabei zum Generator und lädt den Akku - je weiter das Pedal zurückgenommen wird, desto mehr wird geladen, desto größer ist die Verzögerung. Doch auch für die 25 Jahre alte Hotzenblitz-Konstruktion ist Rekuperation kein Fremdwort. Allerdings ist die Verzögerung bei Weitem nicht so deutlich spürbar. Doch Gudrun Kautz weiß: "Wenn ich von Dreißigacker nach Meiningen den Berg runter fahre, kommt etwa ein Kilowatt in die Batterien zurück." Um rechtzeitig zum Stehen kommen zu können, muss aber das Bremspedal kräftig gedrückt werden. Beim i3 ist das nur selten nötig. Dafür ist auf den Monitoren der Energiefluss zu sehen, gibt das Auto individuelle Tipps an den Fahrer, wie er noch sparsamer unterwegs sein kann.
Auf all das achtet die Testfahrerin nicht sonderlich. Sie konzentriert sich auf ihren rechten Fuß und das sensibel reagierende Lenkrad. Der ziemlich sportlich abgestimmte i3 reagiert auf jede Bewegung. Der Hotzenblitz kann das nicht, verschluckt daher ungewollte Lenkbewegungen. Dafür ist der innen recht groß wirkende i3 extrem wendig. Mit 9,86 Metern lässt sich beispielsweise auf der Meininger Lindenallee ohne Rangieren in einem Zug wenden. Möglich macht diesen guten Wendekreis auch der Hinterradantrieb, über dem der E-Motor mit Getriebe und Leistungselektronik sitzt. In Verbindung mit den Lithium-Ionen-Akkus im Fahrzeugboden ergibt sich zudem eine ideale Achslastverteilung von 50:50. Positiver Nebeneffekt: Man sitzt angenehm hoch wie in einem SUV - das gefällt auch Gudrun Kautz.
Schwankende Reichweite
Schnell hat sie sich an den modernen Saubermann gewöhnt. Flott geht es auf der Landstraße vorwärts, ungestört von Motorengeräuschen. Da ist der Hotzenblitz deutlich lauter. Statt dichten und festen Türen hat er nur welche aus Stoff, die mit Reißverschlüssen verschlossen werden. Rein theoretisch kommen sportliche Kinder durch diese auch auf die hinteren Notsitze im Hotzenblitz. Aus Sicherheitsgründen fährt dort aber niemand bei Gudrun Kautz mit. Zudem musste auf einem Sitz das neue Ladegerät befestigt werden. Es ist größer als das alte und passt daher nicht an den eigentlich vorgesehenen Platz. Dafür ist der Hotzi damit in vier Stunden an der Steckdose fit für 50 Kilometer. Und kann so dem BWM in dieser Disziplin durchaus das Wasser reichen, zumindest wenn das Laden an der normalen Steckdose erfolgen soll. In etwas weniger als acht Stunden ist der i3-Akku voll und reicht dann für bis zu 160 Kilometer. Strecken, Außentemperatur, Fahrstil und vieles mehr beeinflussen diesen Wert aber stark. Ein ausgeklügeltes System hält den Fahrer daher über Ladezustand und tatsächliche Reichweite ständig auf dem Laufenden. Wer über Nacht oder beim Parken lädt, wird beim Pendeln keine Probleme haben - wenn die Tagesstrecke nicht zu lang ist. Erfurt hin und zurück in einem Ritt - leider nicht möglich.
Hotzi-Retter gesucht
Von Testerin Gudrun Kautz bekommt der i3 gute Noten. Der Unterschied zum Hotzenblitz ist deutlich spürbar. Schade findet sie, dass nach 25 Jahren Abstand die Reichweite noch immer zu niedrig und der Anschaffungspreis zu hoch ist. Ihren Hotzenblitz will sie daher möglichst weiterfahren. Allerdings wird im nächsten Frühjahr der TÜV die Rote Karte rausholen. Rost an der tragenden Konstruktion unter der Kunststoffschale ist der Grund dafür. "Ich suche daher dringend einen Experten, der mir hilft, mit Liebe, großem Sachverstand und zu einem bezahlbaren Preis ein Stück Automobilgeschichte zu retten", so Gudrun Kautz.
Daten Hotzenblitz
Höchstgeschwind. 100 km/h
Reichweite 40 bis 70 km
Beschleunigung 0-60 km/h 10s
Verbrauch 12-14 kWh/100 km
Leistung 12 kW (16,3 PS)
14 Blei-Vlies-Batterien (168 V/60 Ah/10,08 kWh)
Ladezeit 5 Stunden
Frontantrieb
Gewicht inkl. Batt. 830 kg
L/B/H in mm 2700/1480/1500
Wendekreis 7,6 m
Daten BMW i3
Höchstgeschwind. 150 km/h
Reichweite bis 160 km
Beschleunigung 0-60 km/h 3,7s
Verbrauch 14-17 kWh/100 km
Leistung 125 kW (170 PS)
Li-Ion-Batterien (18,8 kWh)
Ladezeit je nach Ladeart 1 bis 8 Stunden
Hinterradantrieb
Gewicht inkl. Batt. 1195 kg
L/B/H in mm 3990/1775/1578
Wendekreis 9,86 m