Arnstadt Thüringer Orgelsommer: Zurück zu den Wurzeln

Berit Richter
Sänger Klaus Mertens und Kantor Jörg Reddin (von links) gestalteten den Auftakt des Orgelsommers. Foto: Berit Richter

Der Thüringer Orgelsommer wird in Arnstadt eröffnet. Es ist die erste Konzertreihe seit der Corona-Krise. Insgesamt sind 39 Veranstaltungen geplant. Der Auftakt berührt tief.

 
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Arnstadt - Wie sehr Musik die Seele berührt, wie sehr dies in den letzten Monaten fehlte, es wurde Samstagnachmittag wohl jedem deutlich, der in der Bachkirche der wunderbaren Stimme von Klaus Mertens und den himmlischen Tönen, die Kantor Jörg Reddin den zwei Orgeln entlockte, lauschte. "Für uns freiberufliche Künstler ist die Musik nicht nur Beruf, sondern vor allem Berufung. Es war schlimm, dass unsere Stimmen in den letzten Monaten schweigen mussten", sagte der Bass-Bariton, als der Schlussapplaus verebbt war. Dabei, so Mertens, wäre Musik doch gerade in der Krise ein so wichtiger Trost gewesen.

Konzerte im Ilm-Kreis

"Romantisch und lebensfroh": 12. Juli, 16 Uhr, Coudray-Kirche Neusiß: Tom Anschütz/Waltershausen - Orgelwerke von Rinck, Mendelssohn und Lefébure-Wély; 16.45 Uhr, vor der Kirche: Männerquartett "Fracksausen" Erfurt.

"Romantische Abendfantasie": 21. Juli, 19 Uhr, Dreieinigkeitskirche Stützerbach: Christina Lauterbach/Jena Orgel Christof Reiff/Jena Klarinette - Werke unter anderem von Rheinberger, Bozza, Saint-Saëns.

Dass der Auftakt der traditionsreichen, aber in diesem Jahr doch etwas anderen, Konzertreihe nun wieder ein Stück zurück zur Normalität versprach, das wussten viele Besucher zu schätzen. Weshalb er mit einigen Minuten Verspätung begann. Daten eintragen, Hände desinfizieren, die auf Abstand markierten Plätze suchen - all das dauerte seine Zeit. "Unsere Ehrenamtlichen müssen in diesem Jahr unter den besonderen Bedingungen besonders viel leisten", dankte Theophil Heinke, Vorsitzender des Vereins Thüringer Orgelsommer.

Auch die Sponsoren schloss er in seinen Dank mit ein, ohne die die Reihe nicht durchführbar wäre. Dass man in Arnstadt anfing, wo einst der Orgelsommer seine Geburtsstunde erlebte, war für Theophil Heinke dabei nur logisch. "Gerade in schweren Zeiten besinnt man sich auf seine Wurzeln", meinte der Organist aus Walthershausen.

Wurzeln wie die wunderbaren, zeitlosen Werke eines Johann Sebastian Bach. Mit dessen Choralbearbeitung "Komm Gott, Schöpfer, Heiliger Geist" eröffnete Jörg Reddin an der Wender-Orgel den Konzertnachmittag. Es folgte ein vielfältiger Reigen vor allem geistlicher Werke, mit denen der vielfach preisgekrönte Klaus Mertens einmal mehr seine unverwechselbare Ausdruckstärke und sein angenehmes Timbre zeigen konnte. Gleich eingangs beim "Cantabo Domino" von Allesandro Grandi erfüllte seien kraftvolle Stimme die Bachkirche bis in den letzten Winkel. Anderthalb Stunden später endete das Konzert mit einigen der "Biblischen Lieder" von Antonín Dvorák, gesungen im tschechischen Original. Die Zuschauer verstanden die Emotionen, die Sehnsucht nach der Heimat, welche der Komponist während seiner Zeit in New York zu Papier brachte, auch so.

Die Sehnsucht nach guter Musik sie war zuvor von Klaus Mertens und Jörg Reddin in perfekter Harmonie von Gesangstimme und Orgel zumindest für den Augenblick gestillt worden. Wie es in der Bachkirche bei vielen Konzerten schöne Tradition ist erklangen sowohl die barocke Wender- wie die romantische Steinmeyer-Orgel, was für eine besondere musikalische Vielfalt sorgte. Da traf zum Beispiel das fröhliche Scherzo aus Anton Bruckners "Nullter Sinfonie" auf die sinn-schweren geistlichen Lieder eines Max Reger, mit all ihrer Tiefe und Dramatik.

"Wir sind privilegiert, heute hier diese Musik hören zu können", hatte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, Schirmherr des Orgelsommers, in der kurzen Orgel-Wechselpause gemeint. Auch er wertete die Konzertreihe als "ein Stück zurück zur Normalität" und dankte den Veranstaltern "für den Mut, den Orgelsommer zu planen."

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