Wirtschaft Mehr Menschen können von ihrer Arbeit leben

Die Zahl der Menschen, die ihr Leben durch ihr eigenes Einkommen bestreiten können, ist in Deutschland in den vergangenen 17 Jahren deutlich gestiegen. Thüringen gehört bundesweit zu den Spitzenreitern.

 
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Wiesbaden/Suhl - In Thüringen können mehr als 75 Prozent der Menschen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren ihr Leben durch ihr eigenes Einkommen bestreiten. Das ist eines der Ergebnisse des Mikrozensus 2017, die das Bundesamt für Statistik am Montag in Wiesbaden vorgestellt hat. Damit hat sich der Anteil der Menschen in den vergangenen 17 Jahren um rund zehn Prozentpunkte erhöht. Im Jahr 2000 hatten nur etwas mehr als 65 Prozent der Thüringen angegeben, ihren Lebensunterhalt durch ihr Einkommen aus Arbeit bestreiten zu können.


Damit liegt Thüringen mit seiner Entwicklung auf dem bundesweiten Trend. Nach Angaben der Statistiker steigt die Zahl der Menschen in Deutschland, die mit ihrem Job ihren Lebensunterhalt bestreiten. Im vergangenen Jahr traf das auf 72 Prozent der Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren zu. Im Jahr 2000 hatte dieser Wert nur 63 Prozent betragen. Thüringen liegt also sowohl aktuell als auch vor 17 Jahren über dem bundesweiten Durchschnitt.


Hauptgrund für die Veränderung sei, dass immer mehr Frauen einer Erwerbstätigkeit nachgingen, hieß es vom Bundesamt in Wiesbaden. So seien vor 17 Jahren deutlich mehr Frauen wirtschaftlich abhängig von Familienangehörigen, also zum Beispiel dem arbeitenden Ehemann, gewesen. Doch auch hier lag Thüringen schon vor 17 Jahren über dem Bundeswert. So gaben im Jahr 2000 rund 59 Prozent der Thüringerinnen zwischen 18 und 64 an, von ihrem eigenen Einkommen leben zu können. Bundesweit hatten dies nur knapp 53 Prozent erklärt.


In Thüringen ist der Anteil inzwischen auf 72 Prozent gestiegen, bundesweit auf knapp 66 Prozent. Vor allem Südthüringen weist nach Daten der Agentur für Arbeit in einigen Landkreisen regelmäßig die höchste Erwerbsquote unter Frauen in ganz Deutschland aus. Nirgendwo sonst im Land gehen mehr Frauen einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nach.


Wenig überraschend ist, dass von den mindestens 65 Jahre alten Menschen die allermeisten (89 Prozent) von Renten und Pensionen lebten. Eine eigene Erwerbstätigkeit gibt in diesem Alter nur noch jeder 38. Befragte (2,6 Prozent) an. In Thüringen gaben im Jahr 2017 sogar fast 98 Prozent der über 65-Jährigen an, ihr Leben aus den Einnahmen aus Renten oder Pensionen zu bestreiten. Einkommen aus Erwerbstätigkeit spielt nur noch für 1,5 Prozent eine Rolle für den Lebensunterhalt.


In der Gesamtbevölkerung stellen die Erwerbstätigen mit 46,1 Prozent die größte Gruppe. 24,6 Prozent leben hauptsächlich von den Einkünften ihrer Angehörigen und 21,7 Prozent von Renten und Pensionen. Von den Erträgen ihres Vermögens können nur 0,7 Prozent ihren Lebensunterhalt bestreiten. Allerdings zeigt auch dieser Wert, wie sehr sich Deutschland in den vergangenen 17 Jahren verändert hat. Im Jahr 2000 hatten noch 0,5 Prozent der Befragten angegeben, ihren Lebensunterhalt aus dem eigenen Vermögen bestreiten zu können. In Thüringen spielte dies weder in der Vergangenheit noch aktuell eine Rolle. Ein Grund für diese Veränderungen könnten zum Beispiel Erbschaften sein. Wer in zweiter oder dritter Generation lukrative Immobilien erbt, kann zum Teil allein aus den Einnahmen aus Vermietung sein Leben bestreitet. Ein Umstand, der jedoch auch nach regelmäßigen Auswertungen von Banken in Thüringen kaum eine Roller spielt. Die großen Erbschaften werden vor allem in Südwestdeutschland gemacht.


Über alle Altersgruppen hinweg gaben aktuell 6,9 Prozent an, für ihr Leben auf Sozialleistungen angewiesen zu sein. In Thüringen war dieser Wert mit 7,2 Prozent etwas höher. Aber auch hier gab es eine positive Entwicklung: Vor 17 Jahren hatten noch 10,4 Prozent der Thüringer erklärt, auf Sozialleistungen angewiesen zu sein. Deutschlandweit hatte dieser Wert damals nur 6,6 Prozent betragen.
Die niedrigsten Werte für das Bestreiten des Lebensunterhalts aus eigenem Einkommen weisen laut Bundesamt für Statistik die Stadtstaaten Berlin und Bremen sowie das einwohnerreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen auf. Hier liegt der Anteil der Menschen zwischen 18 und 64 Jahren, die von ihrem Einkommen leben können, bei unter 70 Prozent.


Die Auswertung des Mikrozensus sagt aber nichts über die Höhe der Einkommen, die den Menschen in den verschiedenen Bundesländern zur Verfügung stehen, um ihr Leben zu bestreiten. So dürfte ein Grund für die hohe Erwerbstätigkeit von Frauen in Thüringen auch darin liegen, dass viele Familien auf zwei Einkommen angewiesen sind. Zudem ist es historisch begründet. In der DDR war es Alltag, dass Frauen arbeiteten, in vielen Gebieten Westdeutschlands war es vor wenigen Jahrzehnten noch eine Ausnahme. Frauen in Ostdeutschland holen also nur das auf, was schon einmal Alltag war, wenn ihre Erwerbsquote wieder über 70 Prozent steigt.

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