Bad Liebenstein Von Rezeptwächtern und Esskulturministern

Alina Sauer
Ärmel zurückkrempeln, Obst waschen und schneiden, Quark rühren: Heike Langguth (hinten) zeigt den Schülern ganz praktisch, wie gesunde Ernährung geht. Foto: ari

Im Zuge des Projekts "SchmExperten" bringt Landfrau Heike Langguth aus Ruhla Fünft- und Sechstklässlern bei, wie man sich gesund ernährt. In Kürze endet jedoch die Förderung vom Bund.

 
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Bad Liebenstein - Reges Gewusel herrscht in der Küche der Regelschule Altensteiner Oberland in Bad Liebenstein. 25 Kinder rühren, schälen, waschen, schneiden - und schnattern. Die Schüler der Klasse 5a bereiten emsig verschiedene Obstshakes und Quarksorten zu. "Sollen wir die schälen?", fragt eine Schülerin und hält Heike Langguth eine Kaki-Frucht hin. "Wo ist die Zitrone?", fragt ein Schüler die Klassenlehrerin Josephine Nürnberger. "Wie klein soll der Apfel geschnitten werden?", tönt es von der Küchenzeile her.

Das "Klasse!"-Projekt der Zeitung

Das "Klasse!"-Projekt richtet sich an die Jahrgangsstufen 1 bis 4 und an Klassen ab Jahrgangsstufe 7. Schulen, die teilnehmen wollen, erhalten für die Schüler ihrer Klasse ein Frei-Abo ihrer Heimatzeitung für die Dauer von bis zu sechs Wochen, dazu umfangreiches Informationsmaterial mit Arbeits- und Lösungsheften. Auch Redakteure stehen für einen Besuch oder einen Workshop in der Klasse zur Verfügung.

Unterstützt wird das Projekt durch Paten und somit erst ermöglicht. Ziel ist von "Klasse!", die Lese- und Medienkompetenz junger Menschen zu fördern und sie zu kritischer und selektiver Mediennutzung anzuregen. Die Schüler sollen Darstellungsformen, Arbeitsweisen und Grundregeln des Journalismus kennenlernen. Im Unterschied zu bisherigen Schulprojekten haben Lehrer die Möglichkeit, den Termin für das vier- oder sechswöchige "Klasse!"-Projekt selbst zu wählen.

"Klasse!" richtet sich an alle Regel- und Förderschulen sowie an Gymnasien und berufsbildende Schulen. Die Schulklassen haben die Möglichkeit, Angebote unserer Sponsoren zu nutzen und sie können Artikel verfassen, die im Lokalteil von ihrer Heimatzeitung veröffentlicht werden. Informationen über 03681/851 104 und im Internet unter

www.insuedthueringen.de

Es ist bereits die dritte Woche in Folge, in der Heike Langguth mit dem Projekt "SchmExperten" zu den Schülern kommt, mit ihnen über gesunde Ernährung, über Haltbarkeit und Inhaltsstoffe von Lebensmitteln und über Hygiene in der Küche spricht - und das Wissen auch direkt mit ihnen anwendet. Heike Langguth ist Landfrau und beim Landfrauenortsverein Förtha aktiv. Seit 2013 betreuen deutschlandweit Landfrauen, davon vier aus Thüringen, das Projekt in fünften und sechsten Klassen. Heike Langguth war mit dem Projekt in Schulen in Bad Liebenstein, Bad Salzungen, Seebach, Ruhla und Eisenach zu Gast. Knapp zwei Jahre lang wurde das Projekt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) finanziell gefördert; im Dezember läuft die Förderung aus.

Um das Projekt weiterhin in die Schulen zu holen, gibt es Heike Langguth zufolge auch andere Möglichkeiten: "Die Schule kann einen Antrag bei der Krankenkasse stellen", sagt Heike Langguth. Auch eine Finanzierung über Schulfördervereine sei denkbar. "Aber das müsste eigentlich dauerhaft gefördert werden." Der Landrat des Wartburgkreises, Reinhard Krebs (CDU), habe beim jüngsten Landfrauentreffen angedeutet, dass der Kreis das Projekt weiter unterstützen werde.

Auf Theorie folgt Praxis

Während der zwölf Stunden, auf die das Projekt angesetzt ist, bereiten die Kinder nicht nur selbst kleine Speisen zu, sie lernen von Heike Langguth auch allerlei rund ums Thema Ernährung. Warum spricht man nicht mit vollem Mund? Warum sollte man sich beim Niesen oder Husten abwenden? Wie bringt man mehr Bewegung in den Alltag? Und warum ist Schorle besser als Saft?

Dabei kommt auch Verblüffendes zutage: So sind Heike Langguth zufolge in einem Liter Traubensaft 53 Stück Zucker enthalten - mehr als in einem Liter Cola. Und Kiwi und Ananas sind nicht dazu geeignet, sie mit Milchquark zu vermischen, weil das Ergebnis schnell bitter wird.

In der Küche arbeiten die Kinder dann in Gruppen, in der jeder eine ganz bestimmte Aufgabe hat: Der Startklar-Beauftragte zum Beispiel gibt Acht, dass die Hände gewaschen, die Haare zusammengebunden und die Ärmel hochgekrempelt sind. Der Rezept- und Materialwächter sorgt dafür, dass alle Arbeitsgeräte und Zutaten an Ort und Stelle sind und dass das Obst vorher gewaschen wird. Und der Zeit- und Esskulturminister hat die Uhr im Blick und achtet darauf, dass am Ende gemütlich gegessen werden kann.

Voller Einsatz

Also werden die Teller aus dem Schrank geholt, die Tische nebenan im Speiseraum gedeckt und alle Shakes, der Obstsalat und die Quark- und Joghurtsorten auf einem Tisch bereitgestellt - und die Kinder dürfen sich bedienen und gemeinsam ihre Kreationen vertilgen.

In der Küche zeugen Schüsseln und Messbecher mit Quark- und Joghurtresten, abgeleckte Löffel, über die Arbeitsfläche verteilte Obstschalen und ausgepresste Zitronenhälften vom vollen Einsatz der Kinder.

In den beiden Wochen zuvor haben die Kinder schon gemeinsam mit Heike Langguth "Power-Brote" - mit Frischkäse bestrichene und verschiedenem Gemüse belegte Vollkornbrote - und gesunde Nudelsalate zubereitet. "Am coolsten fand ich den Nudelsalat mit Käse. Und dass wir alles als Gruppe gemacht haben und nicht so alleine", sagt Mia rückblickend über die drei Projekttage. Den Nudelsalat mit Käse und Möhrenraspeln hat sie auch schon zu Hause nachgemacht. Auch Hannes fand den Nudelsalat am besten. "Ich fand alles gut", sagt Fairuz.

Paula stellt sich indes wieder an der Buffet-Schlange an. "Das ist schon meine zweite Portion", sagt sie - der eben zubereitete Mandarinenquark hat also auch geschmeckt.

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