Sonneberg/Neuhaus "Ein Tiefpunkt in der politischen Auseinandersetzung"

Die Ansage des CDU-Bundestagskandidaten, die Wahl im September zum Plebiszit über die Gebietsreform in Südthüringen machen zu wollen, kommt denkbar schlecht an bei SPD und Linke.

 
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Sonneberg - Zur Montagsdemo in Sonneberg hatte der CDU-Kandidat zu den Bundestagswahlen im September ordentlich auf den Putz gehauen. Zwar hatte Mark Hauptmann auch inhaltliche Anregungen zur Gebietsreform platziert. So warb er dafür, Thüringen solle sich gleichauf mit anderen Bundesländern um "rollende Rathäuser" bemühen, mithin Verwaltungsdienstleistung in ambulanter Form den Bürgern vor Ort anbieten, anstatt auf weite Wege zu Behördenzentren zu setzen. "Bürgernahe Strukturen zu schaffen, die der Kleinteiligkeit des ländlichen Raumes gerecht werden", lautete seine Forderung. In diesem Zusammenhang unterstütze er die Pläne für ein gemeinsames Oberzentrum von Neustadt und Sonneberg. Doch wesentlich war der Redebeitrag des Suhlers geprägt von einer scharfen Entgegnung auf die Äußerungen von Frank Kuschel, dem kommunalpolitischen Sprecher der Linksfraktion im Thüringer Landtag.

Der Bundestagsabgeordnete warnte, sich Einlullen zu lassen von der Landesregierung und deren Ideologie-getriebener Gebietsreform. Er hingegen stehe für den Erhalt bewährter Strukturen. Wer ihn im September wähle, könne zugleich Rot-Rot-Grün in Erfurt einen Denkzettel verpassen: "Bei der Bundestagswahl sollen sie deutlich sehen, wo sie stehen." Er jedenfalls befürworte den Erhalt des Kreises Sonneberg mit einer Kreisstadt Sonneberg.

Hauptmanns SPD-Herausforderer Christoph Zimmermann mag diese Vermischung von Landes- und Bundespolitik nicht unwidersprochen lassen: "Herr Hauptmann scheint Bürgerproteste scheinbar nur als eigene Bühne zur Profilierung zu verstehen. Die Nervosität muss bei ihm mit Blick auf die Bundestagswahl sehr groß sein, wenn er seine Wahl mit einer Abstimmung über die Gebietsreform verknüpfen muss." Natürlich, so Zimmermann in einer Mitteilung an diese Zeitung, können Bundestagskandidaten sich im Zuge der Bundestagswahl auch zu landes- und kommunalpolitischen Themen positionieren. "So zu tun, als hätte die Bundestagswahl Einfluss auf das Geschehen der Thüringer Landesregierung, ist aber schlicht Wählertäuschung." Zum Urnengang im September wäre es aus Perspektive des SPD-Mannes besser, andere Themen in den Focus zu rücken, so die Frage, wie sich die Arbeitsbedingungen der Menschen verbessern lassen, wie man die Bürger steuerlich spürbar entlasten könne, welche Investitionen es in Polizei und Sicherheitsarchitektur braucht, wie man die Landflucht junger Menschen verhindert oder einer Altersarmut vorbeugt.

Hauptmann, so Zimmermann, müsse sich nun entscheiden, "ob er wie in Suhl als Stadtratsmitglied, mehrfach gefordert, die Gebietsreform schon als gelaufen ansieht und Suhl als neue Kreisstadt propagiert sowie die Fusion mit Zella-Mehlis vorantreibt oder ob er dies bekämpfen will. Die Meinung je nach Wetterlage im Wahlkreis anzupassen ist wenig glaubwürdig", so Zimmermann. Ansonsten bekennt auch der 24-Jährige aus Schmalkalden: "Für mich steht fest, Sonneberg muss genauso wie Meiningen Kreisstadt bleiben. Eine Zwangsfusion von Suhl und Zella-Mehlis ist abzulehnen. Suhl ist seitens des Landes durch Entschuldungsmaßnahmen und Investitionen zu unterstützen. Ein möglicher Status als Oberzentrum könnte im Verbund mit Meiningen und Schmalkalden gelingen, um den notwendigen Hochschulstandort zu gewährleisten."

Angefeindet und bedrängt

Deutliche Kritik meldet auch der Linke-Kreisverband zum Ablauf der Kundgebung am 19. Juni an. Dabei sei klar geworden, dass es den "Organisatoren nicht um die inhaltliche Auseinandersetzung mit der von R2G auf den Weg gebrachten Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform geht", so Linke-Kreischef Michael Stammberger. "Sachargumente, von welchem Vertreter der regierungstragenden Fraktionen im Landtag auch immer vorgebracht, können nicht mal mehr artikuliert werden." Angesichts des Pfeifkonzerts und der Sprechchöre am Montag zieht er in Zweifel, den Organisatoren des Protestes wäre hier die Kontrolle entglitten. "Ihnen geht es einzig um eine Machtdemonstration gegenüber den als Gästen geladenen Vertretern von R2G. Wie weit man dabei zu gehen bereit ist, zeigt das Zulassen von Unterbrechungen des Redebeitrags von Frank Kuschel durch aufgebrachte Bürger." Stammberger unterstellt insbesondere der Sonneberger CDU-Wahlkreisabgeordneten Beate Meißner, diese habe die Stimmung angeheizt im "Umgang mit dem Mann, dem die Stadt Sonneberg im Wesentlichen mit zu verdanken hat, dass sie in den letzten zwei Jahren eine nicht unerhebliche Bedarfszuweisung vom Land erhalten hat". Derlei stelle einen Tiefpunkt in der politischen Auseinandersetzung dar.

Stammberger: "Wenn man Gastredner einzig dafür einlädt, um sich daran zu laben, dass diese niedergeschrien und körperlich bedrängt werden, ist dies tiefste Schublade. Es steht in der Verantwortung des Bürgermeisters die Interessen der Stadt zu vertreten und zum Wohl der Stadt zu handeln. Dies muss die Verhinderung einer weiteren Eskalation des Protestes einschließen."

Wie schon Zimmermann, so rügt auch der Schalkauer, Hauptmann habe das Podium für seinen Bundestagswahlkampf genutzt.

Der Linke-Kreisvorsitzende unterstellt Hauptmann, dieser würde es überdies mit der Wahrheit nicht so genau nehmen: "Immerhin hat er als Suhler Stadtrat gemeinsam mit seiner Fraktion für das Forderungspaket der Stadt Suhl gestimmt, in dem der Kreisstadt-Status für Suhl gefordert wird." anb

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