Eigener Inhalt Von Druck, Drall und Düsen

Wolfgang Plank
 Quelle: Unbekannt

Ein Funke genügt, um bei Lars Hentschel Feuer zu entfachen. Vorausgesetzt, er erfolgt zur rechten Zeit. Dann nämlich wird daraus plötzlich mehr. Eine Zündung. Eine Explosion. Ein Arbeitstakt. Das kluge Auf und Ab eines Ottomotors. Und schon spürt man Lars Hentschels Begeisterung.

 
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Ein wenig flapsig könnte man sagen, der Mann ist im Brennraum zu Hause. Jeder Benziner, der bei VW in Serie geht, war zu Beginn in seiner Abteilung. Als Leiter der Vorentwicklung kümmert er sich um Grundsätzliches. Mit welchem Drall die Luft einströmt, wo die Einspritzdüse sitzt und wo die Zündkerze. Wie alles zusammenwirken muss, damit viel Leistung entsteht und wenig Abgas. Und damit das Ganze ein übliches Motoren-Leben lang hält.

Besonders stolz ist Lars Hentschel auf den 1,5-Liter-Turbomotor im neuen Golf. In dem 150 PS starken Vierzylinder steckt so ziemlich alles, was technisch derzeit machbar ist. Weil die Kolben nicht mehr in Grauguss-Buchsen laufen, sondern an Plasma-beschichteten Wänden auf- und niedergleiten, wird zwischen den Zylindern Platz für Kühlung. Und während woanders der Sprit noch mit 200 bar eingespritzt wird, sind es hier schon 350. Der gewaltige Druck zerreißt die Benzintröpfchen in einen Feinst-Nebel – Voraussetzung für ideale Verbrennung.

Im Prinzip läuft der Motor wie ein Common-Rail-Diesel. Das gepresste Benzin wartet in einem gemeinsamen Rohr hinter allen vier Düsen. Nur den Antrieb für die Hochdruck-Pumpe hat Hentschel auf die Nockenwelle legen lassen, die die Auslass-Ventile steuert. Auf der Einlass-Seite soll nichts stören, weil dort ein Algorithmus für die Motor-Elektronik aus dem Druckabfall die eingespritzte Sprit-Menge berechnet.

Und weil dort noch eine Besonderheit sitzt: Läuft der Motor gleichmäßig in Teillast, verschiebt ein Versteller die Nocken zwei und drei und legt damit die mittleren Zylinder still, weil sich die Ventile nicht mehr öffnen. Zusammen mit einer neuentwickelten Kühlung im Zylinderkopf und weil Öl- und Wasserpumpe nur noch arbeiten, wenn es sein muss, verspricht VW einen Norm-Verbrauch von fünf Litern – mit Direktschaltgetriebe sogar darunter.

Bis es soweit war, hat Hentschel Vieles abgewogen: Laufruhe gegen Reibung. Hub gegen Bohrung, Vielfalt gegen Kosten. Am Ende wurde der Motor hundert Kubikzentimeter größer als sein Vorgänger – und doch effizienter. Auch, weil sich Hubraum in tendenziell längeren Prüf-Zyklen für Abgase besser schlägt als Drehzahl.

Dass der Neue ein Langhuber geworden ist, war ebenfalls Hentschels Idee. Weil der Kolben dann schneller nach unten geht, lässt sich der Drall erhöhen, mit dem die Luft in den Brennraum strömt. Dieser Wirbel entscheidet darüber, wo genau am Ende die Sprit-Töpfchen verbrennen. Und: Sein maximales Drehmoment von 250 Nm liefert der Motor schon bei 1500 Umdrehungen.

Alles ist das noch nicht. Schon bald kommt eine Spar-Version mit 130 PS. Die arbeitet nach dem Miller-Prinzip, das die Energie im Sprit besser ausnutzt. Die Einlassventile schließen früher, dafür verdichtet das Aggregat die geringere Füllung höher. Den Nachteil mäßiger Leistung gleicht ein Lader mit variabler Turbinengeometrie aus. Und besser segeln kann man im Schubbetrieb auch.

Lars Hentschel sitzt derweil an der nächsten Motoren-Generation. So schnell glaubt er, wird ihm die Arbeit wohl nicht ausgehen . . .

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