Die Frankfurter Buchmesse wird immer kreativer - vor allem wenn es ums Geschäft geht. Erstmals wird in diesem Jahr die Kunstszene entdeckt. Unter dem Motto "The Arts+" sind auf der Messe auch große Museen wie das New Yorker MoMA vertreten. Aus Sicht der Veranstalter macht das Sinn. Die Grenzen zwischen Kunst, Mode und Design verwischen. Künstler lassen Bücher oft für viel Geld in "Concept Stores" oder Museen vermarkten.

Das bedeutet aber auch, dass der Kunstband im traditionellen Laden als Auslaufmodell gilt. "Das Buch wird zum Luxusobjekt", sagt Juergen Boos, Chef der Messe, die der Dachverband der deutschen Buchbranche organisiert. Als Stargast hat Boos zur Messe-Eröffnung am 18. Oktober den britischen Maler und Multimediakünstler David Hockney verpflichtet. Der 79-Jährige darf sein großformatiges Buch ("Sumo") vorstellen. Limitiert und handsigniert soll es um die 2500 Euro kosten.

Inhalt wird wichtiger

Für Boos geht es schon lange nicht mehr nur um den Verkauf von Buchlizenzen, bei dem Frankfurt seit langem vorne ist. Das allgegenwärtige Zauberwort heißt Inhalte, neudeutsch "Content" genannt. Darunter fällt alles, was Bücherinhalte in irgendeiner Form wirtschaftlich verwertbar macht. Als Drehbuch im Film, als Vorlage für die Games-Branche, als digitale Plattformen wie in der Kunst. Boos sieht Frankfurt als übergreifende Medienmesse und wichtigsten Handelsplatz für Inhalte aller Art.

Dennoch wird auf der 68. Frankfurter Buchmesse, zu der wie im Vorjahr rund 7000 Aussteller aus mehr als 100 Ländern erwartet werden, der Schwerpunkt auf dem traditionellen Buch liegen. Als weltweit führender Branchentreff ist Frankfurt zuvorderst Geschäftsmesse - aber auch gleichzeitig Publikumsmesse und Lesefest mit rund 600 Autoren und knapp 4000 Veranstaltungen. Ein Spagat für die Organisatoren, die neben dem Kommerz stets gerne die kulturelle Bedeutung des Mediums Buchs betonen.

Dieses Jahr will die Messe, die mit 300 000 Besuchern in fünf Tagen rechnet, den Blick auf das bedrohte "Projekt Europa" richten. Insbesondere die Gefahren für die Meinungsfreiheit in der Türkei, Polen und Ungarn sollen thematisiert werden. Erwartet werden die in London lebende türkische Starautorin Elif Shafak und der in seiner algerischen Heimat gegängelte Schriftsteller Boualem Sansal, der 2011 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt.

Der arabische Sprachraum macht sich in diesem Jahr rar. Bahrain, Kuwait und Saudi-Arabien kommen gar nicht. Am Geld kann es kaum liegen. Daher macht die Messe die "politisch verhärtete Situation" verantwortlich. Saudi-Arabiens Erzfeind Iran meldet sich dagegen zurück. Im vergangenen Jahr hatte Teheran seine Präsenz wegen des Auftritts von Salman Rushdie ("Satanische Verse") abgesagt, der einen flammenden Appell für die Meinungsfreiheit hielt - und gleich noch sein neues Buch vorstellte.

Zu den bekanntesten Autoren auf der Messe gehören die krimischreibenden Bestseller-Autoren Donna Leon und Martin Walker. Dabei ist aber auch der britische Historiker Ian Kershaw, der mit seinem neuen Sachbuch "Höllensturz" über Europa von 1914 bis 1949 gerade ebenfalls die Buch-Charts gestürmt hat.

USA ist traditionell stark

Britische Verlage sind aber auf der Messe dieses Mal schwächer repräsentiert. Die Organisatoren machen dafür weniger den "Brexit" verantwortlich, sondern Verschiebungen im angloamerikanischen Buchmarkt. Die USA stellen traditionell hinter Deutschland das stärkste Aussteller-Kontingent.

Die größte Aufmerksamkeit unter den ausländischen Gästen erhält aber der diesjährige Ehrengast, die Niederlande und Flandern. Schon vorab hat der gemeinsame Sprachraum einen Rekord aufgestellt. Mehr als 450 Neuerscheinungen in über 130 Verlagen sind auf Deutsch angekündigt. Das gab es bei einem Gastland noch nie. Erwartet werden aus dem Gastland auch hierzulande prominente Autoren wie Leon de Winter, Cees Nooteboom, Connie Palmen oder Margriet de Moor.

Fragen und Antworten zum Buchmarkt

Wie hoch ist der Umsatz?

Er schrumpft. 2015 waren es 9,19 Milliarden Euro - vor einigen Jahren lag der Umsatz noch bei knapp zehn Milliarden Euro.

Wieviele neue Bücher erscheinen?

Im vergangenen Jahr gab es 76 547 neue Titel - damit könnte ein 2300 Meter hoher Turm gebaut werden.

Wieviel kostet ein neues Buch?

Im Schnitt liegt der Preis für einen neuen Roman (Hardcover) bei knapp 17 Euro. Bei Kinder- und Jugendbüchern sind es 11,72 Euro.

Was macht das E-Book?

Es wächst nur noch langsam. 2015 lag der Umsatzanteil am gesamten Buchmarkt bei lediglich 4,5 Prozent. In absoluten Zahlen waren das immerhin 27 Millionen verkaufte E-Books.

Wer liest wie oft?

Frauen sind generell die Vielleser der Nation: 43 Prozent von ihnen lesen täglich oder mehrmals in der Woche ein Buch. Bei den Männern sind es nur 26 Prozent.

Wo gibt es die meisten Buchläden?

Statistisch gesehen in Göttingen. Dort kommen 6193 Einwohner auf einen Laden. Auf Platz zwei liegt Heidelberg (7033) vor Würzburg (7764).

Aus welchen Sprachen wird ins Deutsche übersetzt?

Nicht überraschend rangiert bei Erstauflagen Englisch mit fast 64 Prozent weit vorne. Dahinter kommen Französisch (12 Prozent), Japanisch (6,6 Prozent) und Italienisch (2,9 Prozent). Insgesamt wurden 9454 Titel (-5,1 Prozent) ins Deutsche übersetzt.

In welche Länder werden deutsche Bücher verkauft?

Bei den Lizenzverträgen liegt China (20,1 Prozent) klar an der Spitze. Dahinter kommt Spanien (5,5) vor Italien (5,4) und Polen (4,9 Prozent). Die Zahl der Lizenzverträge lag insgesamt bei 7521 (+16,7 Prozent).